Kurzzeitcharaktere bei den Simpsons - damals und heute

  • Hier mal wieder ein älterer Beitrag von mir:


    Es gibt ja nun sehr viele Kritikpunkte, was bei der Serie seit S1x alles falsch läuft und nicht mehr dem ursprünglichen Stil und Geist der Klassiker entspricht - oft eben aus Gründen des "Massenappeals" und des oberflächlichen Zeitgeistes im 21. Jahrhundert.


    Aus diesen vielen Problemen möchte ich eines herausgreifen, das IMO relativ selten erwähnt wird, aber recht deutlich auftritt. Es kommt leider immer noch (oder auch gerade) in aktuellen Jean-Staffeln vor und scheint sich als Dauerproblem etabliert zu haben.


    Ich rede von völlig uninteressanten und flachen Kurzzeitcharakteren, die niemanden wirklich kümmern und die quasi mehr oder weniger "Wegwerf"-Charaktere sind.


    In klassischen Jahren gab es Charaktere, die zwar nur in einer einzigen Folge auftraten und nicht mal in den ganzen ca. 20 Minuten der Laufzeit zu sehen waren. Es waren Charaktere, die in sich oftmals weder hip noch prominent oder cartoonig waren oder mit dem „Humer“ ihre Späßchen gemacht haben. Und trotzdem sind diese Charaktere noch nach sovielen Jahren bei den Langzeitfans in bleibender Erinnerung geblieben und nur anhand des Namens "fällt der Groschen" und man kann Episoden, Szenen und Dialoge beschreiben - teilweise sogar emotionale Aspekte dieser Figuren.


    Ich denke hier an Namen wie Mr. Bergstrom, Homers Assistenten Karl, Lurleen Lumpkin, Lyle Lanley, Mindy Simmons, Detective Don Brodka, Chester J. Lampwick, die Kinder in "Summer of 4 Ft 2", natürlich auch (noch) Hank Scorpio, Shary Bobbins, Rex Banner und andere.


    Nun sind das sicher von Art und Absicht her recht unterschiedliche Figuren (ich würde Rex Banner als Charakter z.B. kaum mit einem Mr. Bergstrom vergleichen), dennoch sind sie als feste Begriffe in die Geschichte der Serie eingegangen und haben bis heute Wirkung.


    Irgendwann im Laufe der Serie passierte aber etwas Seltsames. Da waren wieder Kurzzeitcharaktere. Nur waren diese neuen Charaktere anders, als ihre einprägsamen Vorgänger. Sie standen rum, da war ein Witzchen, sie spielten Homer einen Gag zu, sie standen etwas mehr rum, schienen irgendwas zu tun und dann lief da der Abspann plus Namen des Gastsprechers. Wer war das noch mal, der da heute mit Homer zusammen in der Folge rumgelaufen war?


    War es früher eine Stärke der Serie gewesen, auch Charakteren, die nur einmal auftraten, wirkliche Substanz (oder zumindest Witz und Funktion) zu geben, traten nun Pappkameraden an jene Stelle, deren Namen oft ähnlich uninteressant waren, wie ihre Auftritte.


    Ich könnte jetzt Namen aufzählen, aber mir fallen wirklich kaum welche ein. Ein besonders schönes Beispiel für das Problem wird übrigens das Season Finale von Staffel 17 sein - aber ich will da nicht vorausgreifen. Sagen wir einfach, eine Folge, die darauf aufbaut, dass man Interesse für Pappfiguren empfindet, hat ein Problem. Mehr dazu nach Ausstrahlung der Folge.


    Damit aber nicht genug: selbst Kurzzeitcharaktere, die in früheren Jahren interessant waren, wurden nun in lustiger Kontinuität wieder zurückgeholt, nur um als leere Comedy-Hüllen zu funktionieren. Man denke hier an Senatorin Mary Bailey, die in der vielleicht besten Politsatire der Seriengeschichte echte Funktion hatte, die wir nun in den Jean-S1x jedoch bereits mehrfach als auffallend wirres Zeug babbelnde Randfigur gesehen haben. Wen kümmert es? Niemanden mehr.


    Solange man den Zuschauern 5 "brillante" Gags pro Sekunde um die Ohren hauen kann und der Zuschauer jubelt, braucht man doch keine Charaktere vom Schlage eines Karl oder Mr. Bergstrom mehr :-(


    Wann und mit wem hat das Problem begonnen? Wann verlor die Serie ihre Stärke, aus Gastfiguren mehr zu machen, als Zeitfüller und sitcomige Gagzuspieler? Schwer zu sagen. Das Problem ist nun in sehr ausgeprägter Form zu sehen, hat aber auch Wurzeln. Und ich bin geneigt zu sagen, daß Larry Burns in S8 eine jener Wurzeln ist. Dieses mal ohne Begründung, aber mit Bitte um Meinungen.


    Diese Bitte um Meinungen gilt natürlich für den ganzen Beitrag.


    Chris

  • Larry Burns ist ein schlechtes Beispiel in meinen Augen: Er war kein One Time Charakter der in die Geschichte eingehen sollte, er war einfach nur da damit man Mr. Burns reaktion auf einen Sohn festgestellt wird, der gar nicht für ihn in das Idealbild eines Kindes von Charles Montgomery Burns passt. Und da hat Larry seinen Job relativ gut gemacht und wurde zu einer Figur, an der sich noch viele Fans erinnern.


    Allgemein sind so alle One-Time-Charaktere: Sie dienen nur dazu, den Hauptcharakteren ein paar reaktionen sowie emotionale und humuristische einlagen zu entlocken, wenn auch früher in einer ganz anderen Qualität als heute, was ich eingestehen muss ohne großes rumgeheule. Dabei sind diese auch immer bestimmten Charakteren zugeschnitten, Mr. Bergstrom zum Beispiel hätte mit Bart nicht funktioniert, da die Sympathie hier nicht vorhanden wäre, genauso wie Skorpio nicht mit Marge funktioniert hätte. Im Grunde genommen sind alle One Time Charaktere Eindimensional, welche immer nur mit einer Figur funktionieren, früher war es halt einfach nur besser da die Autoren sich mit diesen mehr mühe gaben und dadurch wirkten die Figuren tiefgründig und mehrschichtig, nur das machte Figuren wie Lurleen oder Karl unvergesslich, ohne diese währen sie nur eindimensionale Figuren, die keinen zuschauer interessieren würden. Lediglich die Figur des Frank Grimes fällt hierbei vollkommen aus dem Rahmen, überschattete die Figur die Folge doch so sehr, dass Homer auf einmal zum Sidekick wurde, der Grimes die Einlagen entlockte, sozusagen eine Anomalie der One-Time-Charaktere.


    Was die Figuren der neuen Folgen betrifft: Es ist die Hyperaktivität, nicht ihre Primäraufgabe, welche sie schlecht darstehen lässt. Man versucht die Figuren so zu gestalten, dass Homer und Co. Verzweifelt witzig wirken, was oftmals daneben geht. Ein schönes Beispiel ist der Typ aus der Folge "Heartbroke-Kid": Die Stimmt von Albert Brooks, eine gute Idee für einen Charakter, viel Potenzial - wird alles für Radschläge, Saltos und verrückten Einlagen aufgegeben. Du kannst allerdings nicht anprangern, dass die One-Time-Charaktere eindimensional geworden sind, dass waren sie schon immer, sie harmonieren einfach nur nicht mehr mit den Charakteren, was sie schlecht aussehen lässt. Dabei haben viele dieser Figuren eine menge Potenzial, das aber dadurch nirgendwo hingeht aufgrund der zynisierung der Main-Charas.


    Im Endeffekt haben sich die One-Time-Charas wenig verändert, sie schaffen es einfach nur nicht den Charakteren mit denen sie sich umgeben ihre Mehrdimensionalität zu entlocken, was sie mies darstellen lässt. Ich bin ziemlich schlecht so große Beiträge zu formulieren, hoffe aber meine Meinung gut zum Mann gebracht zu haben



    Nebenbei werden deine Threads langsam langweilig: Im Grunde genommen ist es immer das gleiche kritisieren nur halt andere Aspekte. "Zu viel Slapstick", "zu viele Kurzzeitcharaktere", "zu viel Al Jean". Es macht spaß deine Beiträge zu lesen, da du dich sehr mit der Serie beschäftigst, allerdings bedienst du immer nur den Aspekt "alte Folgen grandios - neue Folgen peinlich und demütigend", wodurch sich inzwischen eine gewisse Routine in deinen Beiträgen breit macht. Im Endeffekt kann man es überspringen, man kann sich den Grundkern deiner (wie gesagt sehr gut geschriebenen) Beiträge ja denken. Zum großteil kann ich mich deiner Meinung anschließen, das dabei positive Aspekte von dir allerdings total ignoriert und übergangen werden (man kann mir doch nicht erzählen, dass in der Woche nur 9 Millionen Idioten, Fanboys und kritische Fans die Serie einschalten (schönes Beispiel ist hierfür die Qoutenzahl, nach der miesen 19. Staffel: 3 Millionen Zuschauer sind abgesprungen und haben die Serie aufgegeben, was wohl beweißen sollte dass die Serie nicht nur von idioten lebt) und dass jede gute neue Folge nur eine miese alte Folge währe) finde ich, wie Gerd.Pansen es schon mal ansprach, ziemliche schwarz-weiß Malerei der einfachen Sorte. Die alten Folgen sind, wie ich bereits erwähnte, besser, allerdings versuche ich mich auch immer wieder fair mich mit den neuen Staffeln auseinanderzusetzen, und ab und an werde ich sogar sehr gut belohnt (trotz mancher Enttäuschung (klein bis groß)).

  • Es macht spaß deine Beiträge zu lesen, da du dich sehr mit der Serie beschäftigst, allerdings bedienst du immer nur den Aspekt "alte Folgen grandios - neue Folgen peinlich und demütigend"


    Ich wüsste jetzt nicht, daß ich neue Folgen pauschal als "peinlich und demütigend" bezeichnet hätte. Es gibt Leute, die das tun, ohne den Folgen auch nur noch einen Blick zu widmen, aber davon distanziere ich mich eigentlich doch gerne.


    Ich persönlich sehe halt in Stil und Ausführung einen immensen Unterschied zwischen damals (= sehr frühe 90er) und heute und dieser Unterschied geht für mich weit tiefer als nur "sind halt nicht mehr so lustig wie früher". Was die Serie einst ausgemacht und wunderbar speziell-individuell und inspirierend gemacht hat, ist meiner Meinung nach rettungslos verloren. Das ist in kurzer Formulierung schwarz-weiß gemalt, aber ich habe mehr als genug Gründe, die Sachlage so zu sehen.


    Das muß nun nicht bedeuten, daß neue Folgen keines Blickes oder keiner Objektivität mehr würdig sind. Sie haben bisweilen ihre guten Ideen, sie haben ihre Momente, sie haben ihre Hochs und Tiefs im Rahmen des aktuellen Stils. Generell spielen die neuen Folgen für mich aber in einer völlig anderen (weitaus standardisierteren) Qualitätsliga als die frühen Folgen und das in sovielen Aspekten. Eine faire Bewertung neuer Folgen ist daher IMO immer eine Bewertung im Zeitgeist- und Staffelumfeld und das ist es eigentlich, was ich versuche. Auch dabei sollte man aber Kritikpunkte erwähnen.


    Chris