Australisches Gericht: Die Simpsons sind "Personen"

  • Nachdem britische Provider den Zugriff auf die Online-Enzyklopädie Wikipedia gesperrt haben, weil dort das Cover eines vor 32 Jahren veröffentlichten Albums der Rockband Scorpions gezeigt wird, auf dem ein nacktes Mädchen zu sehen ist, hat das höchste Gericht des australischen Bundesstaates New South Wales am heutigen Montag eine weitere umstrittene Entscheidung getroffen: Der New South Wales Supreme Court befand, dass die Figuren der US-amerikanischen Zeichentrickserie The Simpsons nach den Gesetzen des Bundesstaates und des Commonwealth als "Personen" zu gelten hätten – und dass Darstellungen sexueller Handlungen dieser Figuren deshalb als Pornografie zu werten sind.


    In dem Supreme-Court-Verfahren ging es um den Fall eines Mannes aus Sydney, dem der Besitz von Kinderpornografie vorgeworfen wurde. Der Mann hatte nicht autorisierte Simpsons-Cartoons aus dem Internet geladen, die unter anderem Bart, Lisa and Maggie Simpson bei sexuellen Handlungen zeigten. Der Parramatta Local Court in Sydney verurteilte ihn deshalb im Februar 2008 zur Zahlung von insgesamt 3000 australischen Dollar (umgerechnet 1528 Euro) und verhängte ein zweijährige Bewährungsstrafe. Der Verurteilte legte daraufhin Berufung ein, die er damit begründete, dass sich die fiktiven Simpsons-Figuren "deutlich und beabsichtigt" von menschlichen Vorbildern unterscheiden würden und deshalb keine Pornografie darstellten.


    Der zuständige Richter am NSW Supreme Court, Michael Adams, folgte dieser Auffassung aber nicht, sondern lehnte den Berufungsantrag ab. In den fraglichen Cartoons hätten die Figuren Genitalien, die "augenscheinlich menschlich" seien, begründete der Richter seine Entscheidung. Der Gesetzgeber sei im Übrigen verpflichtet, nicht nur die direkte sexuelle Ausbeutung und den Missbrauch von Kindern zu bekämpfen, sondern er müsse auch die Produktion etwa von Comics unterbinden, "mit denen die Nachfrage nach Material gefördert werden könnte, das den tatsächlichen Missbrauch von Kindern zum Inhalt hat". Adams räumte aber ein, dass es sich bei dem Fall um eine "schwierige Materie" handele, die erstmals Thema vor Gericht gewesen sei – die Prozessbeteiligten sollen ihre Kosten deshalb jeweils selbst tragen.


    Quelle: heise.de