Beiträge von Chris_Pfeiler

    P-Code: 3F16
    Englischer Titel: The Day the Violence died
    Deutscher Titel: Wer erfand Itchy und Scratchy?


    Ausstrahlung USA: 17.03.1996
    Ausstrahlung DE: 25.11.1996


    Inhalt:
    Der alte Chester fordert von Produzent Myers 800 Millionen Dollar Entschädigung: Er sei der wahre Erfinder der beliebten Zeichentrickfiguren Itchy und Scratchy. Mit Barts Hilfe und einer Zeichnung kann dies auch bewiesen werden. Das bereut Bart schon bald: Weil der Produzent nun nicht weitermachen kann, müssen Bart und Lisa auf ihre Lieblingssendung verzichten. Das ist natürlich kein Dauerzustand.


    Weiterführende Links:
    3F16 @ ULOC (D)
    3F16 @ SNPP (E) (Capsule)


    ------------------------------------------------------------------------------------------


    Es gibt wohl einen großen Irrtum über 3F16 - nämlich das es eine Folge über Gewalt im Zeichentrick ist. Das stimmt IMO nicht so ganz. Die Gewalt ist nur ein Mittel in der Folge aber das eigentliche Ziel der Ep ist surreale, dunkle und tiefergehende Selbstironie mit einem Schluß äußerster Bizarrität. Die korrekte Beschreibung ist vielleicht "genial-radikale Gewalt-Polit-Sozial-Selbstironie-Satire" und sowas verlangt ja fast schon nach einer A-Note :-).


    Der Folge gelingt es ähnlich wie "Bart The Mother" einen kompletten Wechsel von Konzept und Stil durchzuführen ohne das die Handlung in merkliches Stocken gerät oder ein Bruch sichtbar wird. Am Anfang scheint die Folge auf das klassische Thema Gewaltsatire zu tendieren (die wir bereits in S2 mit "Itchy & Scratchy & Marge" in Perfektion hatten) aber mit Fortschreiten der Handlung wechselt der Stil von Gewaltsatire mit einem Umweg über radikale politische Kommentare zu einer perfekten Selbstironie über das Cartoon-Business an sich. Der Schluß der Folge wird dann (obwohl für einen Großteil der Fans wohl eher unverständlich) zu einer absolut genialen surrealen Parabel die nochmal das ironische Grundkonzept der Folge wiedergibt.


    Selbstironie hat in diesen Tagen zu Recht einen schlechten Ruf aber wenn sie gut gemacht wird (wie hier) dann kann sie eine Folge herausragend in einer sowieso schon guten Staffel machen.


    Dreht sich die Folge am Anfang noch um Gewalt und die Effekte der Gewalt auf Kinder so wird sie mit dem Auftauchen von Chester J. Lampwick (Kirk Douglas in der OV) mehr zu einer Ironie über Plagiate im Cartoon-Geschäft und im Endeffekt zur Ironie über die Simpsons selbst. Viele Zuschauer haben den Schluß mit "Lester" und "Eliza" sicher nicht verstanden und waren vom Ende irritiert oder verärgert aber es geht im Grunde noch einmal um das Grundkonzept der Folge - das Ende ergibt sich als Teil der ironischen Handlung. Es ist surreal und seltsam und der wohl unerwartetste Schwenker der Handlung den wir jemals hatten aber auf seine eigene Weise auch wunderbar gelungen.


    Wie in der Episode geht es nämlich darum das erfolgreiche Cartoon-Charaktere oftmals auf früheren simpleren Konzepten beruhen und dann "geklaut" werden um an anderer Stelle noch erfolgreicher zu sein. "Lester" und "Eliza" sind wie Bart und Lisa aus den Tracey-Ullman-Shorts und brechen quasi als Ur-Bild der Charaktere auf wunderbar surreale Weise in die Serie ein und bringen die etablierten Figuren in eine Art Existenzkrise. Es ging in der Folge ständig um die Vorbilder von Cartoons (siehe auch die Rede von Roger Meyers Jr. vor Gericht) und am Schluß dehnt die Folge die eigene Realität so weit das Bart und Lisa ihren persönlichen Vorbildern/Vorgängern gegenüber stehen. Barts Satz "I wasn't the one who solved the problem and neither was Lisa. There is something unsettling about that" ist zusammen mit der überzogen dramatischen Musik am Schluß eine absurde Parodie darüber das ja Bart und Lisa ursprünglich Probleme lösen und nun in eine Existenzkrise gestürzt werden. Es ist bizarr aber es ist im Kontext zur Episode auch genial.


    Ich befürchte nur das viele (vor allem deutsche Zuschauer) diese und auch andere Anspielungen nicht so recht verstanden haben und Lester und Eliza als sinnlos auftauchende Charaktere sehen und damit das parodistische Gesamtbild der Folge über Cartoons und Vorbilder nicht erkennen. Ich denke mit der Folge ist es ähnlich wie mit der "Poochie"-Folge - der gewöhnliche deutsche Zuschauer erkennt vieles von der Satire nicht (teilweise auch wegen Ivar) und selbst der erfahrene Zuschauer muß doch etwas mitdenken. Wenn man erkennt worum es eigentlich geht ist es brilliant.


    Womit es die Folge nicht so genau nimmt ist Logik und Charakterisierung. Als Bart und Lisa in der Nacht aufbrechen um zur Parade zu gehen fällt Homer nichts anderes ein als ein Sixpack Duff zu verlangen (ungeheuerlich ;-)) und er zieht im Laufe der Folge ständig dicke Geldbündel heraus und gibt sie ohne viele Fragen an Bart weiter. Die Folge ändert die Charaktere etwas ab und passt sie in ein satirisches Gesamtbild ein das in Teilen von der Realität durchaus abweicht aber niemals soweit geht das Springfield wie eine cartoonige Bizarro-Welt wirkt (wie in S11/12) und selbst der Schluß bleibt trotz Surrealität in sich logisch auch wenn wir Lester und Eliza wohl nicht mehr wieder sehen. Es ist ein gutes Beispiel dunkler S7-Surrealität die teilweise etwas an die Grenze geht aber sie wohl niemals oder nur sehr selten überschreitet. Gewagte Folgen können auch Spitzenfolgen sein - wenn die Sache durchdacht, intelligent und subtil ist.


    Die Folge ist denke ich auch ein gutes Beispiel zum Thema "Simpsons = Kinderserie?" denn speziell 3F16 würde ich persönlich als recht ungeeignet für jüngere Kinder bezeichnen da ihnen zum Einen die wahre subtile Bedeutung vieler Szenen und vor allem der ironischen Handlungselemente nicht klar sein dürfte (speziell der surreale Schluß dürfte auf Unverständnis stoßen) und da zum Anderen diverse Teile der Handlung und Dialoge doch recht radikal und Kiddie-unpassend wirken.


    Wie haben z.B. div. I&S Szenen voll mit "rib-tickling brutality" einschließlich des "Fritz The Cat"-Segments mit "frank depiction of sex and narcotic consumption" oder Itchy und dem Iren (Milhouse schreit "He´s Irish. Come on, Itchy! Kill that guy") oder Barts Wunsch erschossen zu werden wenn er aufhört Gewalt zu lieben. Das ganze "Amendment 2B"-Segment mit den "flagburners" und "liberal freaks" und Polizeigewalt und Barts ultrakrassem Kommentar "We need another Vietnam to thin out their ranks a little" zählen wohl zu den radikalsten politischen Szenen die die Serie jemals hatte und im momentanen li-la-lustigen Spaß-Stil wohl leider niemals wieder haben wird.


    Man soll Kinder nicht unterschätzen (sagt schon Sideshow Bob) aber die Folge enthält IMO genug krasses Material um sie zumindest für jüngere Kinder bedenklich zu machen. Desweiteren wird sie diese Gruppe aus den oben genannten Gründen eher weniger ansprechen. S7 war oftmals gewagter als es sich S1 - S3 jemals getraut hätten und dunkler als alles das nach S8 kommt.


    Fazit: eine genial-radikale Gewalt-Polit-Sozial-Selbstironie-Satire mit einem bizarren Schluß dessen Genialität man vielleicht nicht gleich erkennt. Etwas surreales Material und Charakterschwächen müßten die Note eigentlich drücken aber es geht eigentlich niemals über die Grenze und der Inhalt und die Kommentare heben die Folge so weit über das Niveau das man zur Note A greifen muß. Folgen von diesem Kaliber und dieser subtilen Intelligenz sind bereits kilometerweit über fast allem was einem S9 noch zu bieten hat (heute die grauselig leere Sitcom "Bart Carny".)


    "The Day The Violence Died" hat sich IMO eine Note A verdient weil sie soviele Denkansätze und radikale Inhalte und Ironie in einer schlüßigen Handlung verbindet und das ganze in die Form einer humorvollen Unterhaltung bringt (aber keiner hat an die Kinder gedacht ;-)) Das ist die wahre Größe der Serie - nicht der Slapstick. Leute mißverstehen mich und sagen ich gebe nur für "Drama"-Zeugs gute Noten und für Spaß und Comedy schlechte Noten. Es geht aber doch gar nicht um Spaß und Drama sondern es geht um Inhalt und um Balance. 3F16 überzeugt mich auf jeden Fall trotz Ironie als wahre Simpsons-Folge.

    3F06 - Review


    Es gibt eigentlich oberhalb von Staffel 3 nur noch sehr wenige wirklich "perfekte" Folgen (bei genauerer Betrachtung weit weniger als man denkt) aber 3F06 ist ohne jeden Zweifel eine. Woo-hoo. Perfekte Balance zwischen Spaß, Unterhaltung und emotionaler Seite und eine Charakterstudie über Homer die weit über den platten Cartoon-Trottel und Pausenclown heutiger Un-Folgen herausgeht und zwischen den lustigen Elementen genug Zeit für ernstere Themen findet.


    Eine derartige Folge kann es eigentlich nur in S7 geben denn in der überdrehten S5 und zum Großteil auch noch in S6 wäre sie total fehl am Platz gewesen. In diesen Staffeln (siehe z.B. mein Review zu "And Maggie Makes Three") hatte man oft den Eindruck das sich die Autoren vor zu ernsten Szenen oder charakterlastigen Handlungen gefürchtet haben und sie entweder gleich ganz entfernt oder aber jede ernstere Szene sofort mit einer Riesenladung (oftmals platter) Gags "ausgebügelt" haben. S7 hatte wieder mehr zurück zu den Wurzeln gefunden und die Autoren schienen erkannt zu haben das man zugunsten der Handlung und der Charakterentwicklung den Gag-Gehalt zurückschrauben oder in eine passende Balance mit der Handlung bringen muß und im Gegensatz zu z.B. "And Maggie Makes Three" hat man bei "Mother Simpson" nirgends den Eindruck das total überdrehte Gags gezwungen reingekleistert wurden und auch der ultrageniale Schluß wirkt nicht aufgesetzt.


    Die Folge zeigt uns Homer deutlich als Charakter mit Tiefgang und nicht als flache grelle Cartoon-Figur. Nicht wacky Homer im Weltraum oder Homer der wirr kichernd Unsinn macht oder Homer der als infantiler Trottel nur für einen billigen Lacher durch das Bild stolpert und sich mal eben lustig ein paar Knochen bricht - sondern Homer als Wesen mit Emotionen bis hin zu einer tiefsitzenden Traurigkeit ("I guess I was just a horrible son and no mother would want me") und das war immer die wahre Größe der klassischen Folgen - die Fähigkeit Handlungen und Charaktere zu schaffen die lebensecht wirken und wahren "Krisen" und dunklen Seiten der Handlungen gegenüber stehen. S5 und S6 hatten diese Fähigkeit zum Großteil an den Slapstick verloren, in S7 ist sie wieder da.


    Es gibt in der Folge sicher jede Menge gute Lacher (Burns und ABBA = ROTFL) und Referenzen auf "Apokalypse Now" und "Dragnet" aber sie verliert weder ihre Identität noch ihre "Würde" noch ihren Tiefgang durch die Gags und das ist die perfekte Balance. Der Schluß selbst ist einer der besten (wenn nicht *der* beste) Schluß den wir jemals hatten, auf der andere Seite ist es nur wieder traurig das der Charakter (der wahre Charakter) der am Schluß auf dem Auto sitzt und die Sterne betrachtet derselbe ist der heutzutage als debiler Schwachkopf von einer Verletzung zur nächsten gejagt wird und dessen riesiges Potential auf einfältige stupide Sätze und Schmerzensschreie reduziert wurde. Zum Thema "Beste Szenen" (wie in dem langen Thread) fällt mir auf jeden Fall unter anderem der Schluß dieser Folge ein und zwar weit weit weit vor irgendwelchem "superlustigen" Unsinn der seinen Spaß nur aus der Ausbeutung von Homer-Dummheit zieht.


    Folgen wie "Home-Diddly", "Bart Sells His Soul" oder eben "Mother Simpson" zeigen auf jeden Fall nochmal deutlich wie es ein sollte und worum es früher einmal ging. Einen Haufen arg platter Gaudi-Jokes in eine Reihe bringen und es Handlung nennen können auch viele andere Cartoon-Serien, einer Cartoon-Figur Tiefgang, Realität, Konflikt und Charakter geben können aber nur wenige und keiner so gut wie es die Simpsons mal konnten (auch nicht "Futurama"). Es geht nicht darum viel Humor in die Story zu zwängen sondern es geht darum zu erkennen wann man den Humor zurücknehmen muß um mehr Platz für Charaktere zu schaffen. Das ist wahre Größe - die dunklen Seiten der Handlung, nicht der Slapstick - und darum denke ich auch das die wahre Serie heutzutage (also S11/12) tot und begraben ist.


    Synchromäßig geht die Folge in Ordnung, so gut wie eine Synchro eben in Ordnung gehen kann, die emotionale Tiefe und auch die kindliche Traurigkeit ist bei Dan natürlich klar besser als bei Nobby. Sachen wie "Flower-Power" und "Glower-Power" können nicht passend übersetzt werden, "Melrose Place" wird zum "Denver-Clan" (nicht notwendig) und "A Separate Peace" wird zu "1984" aber das ist weniger schlimm. An einer Stelle geht die Synchro IMO etwas am Original vorbei und zwar an der Sympathiegefühl-Stelle als Grandma sagt "I feel like I have an instant rapport with you" und Lisa antwortet "You didn't dumb it down! You said rapport." womit Lisa meint das Grandma mit ihr wie mit einer Erwachsenen spricht und sie als gleichwertig betrachtet. Der wichtige Eindruck fehlt im Deutschen aber die Szene ist trotzdem nett.


    Fazit: eine wirklich große Folge und zwar nicht groß durch Slapstick sondern groß durch Tiefgang und Charakterstudie. Normalerweise stoßen emotionale Folgen ja bei vielen Fans die lieber mehr Unsinn sehen wollen auf Ablehnung aber bei dieser Folge ist die Balance so perfekt das selbst in den (damals noch kritischen) Capsule-Reviews ein Großteil der Reviewer "A"-Noten gaben und dem schließe ich mich natürlich an. S7 hat auch ihre Schwachpunkte aber in Folgen wie dieser zeigt sie deutlich das sie noch am stärksten zur klassischen Seite hin tendiert. Note A.

    P-Code: 3F02
    Englischer Titel: Bart sells his Soul
    Deutscher Titel: Bart verkauft seine Seele


    Ausstrahlung USA: 08.10.1995
    Ausstrahlung DE: 07.11.1996


    Inhalt:
    Bart und Milhouse diskutieren über das Thema Seele. Bart erklärt, dass die Seele nicht existiert. Da bietet ihm Milhouse fünf Dollar für seine Seele an. Bart steigt darauf ein. Er schreibt auf einen Zettel das Wort Seele und verkauft ihn. Wider Erwarten hat dies Konsequenzen: Bart kann nicht mehr lachen, er ist zu keinen Empfindungen mehr fähig. Verzweifelt versucht er, den Zettel zurückzubekommen. Milhouse verlangt fünfzig Dollar.


    Weiterführende Links:
    3F02 @ ULOC (D)
    3F02 @ SNPP (E) (Capsule)


    ------------------------------------------------------------------------------------------


    Im Folgenden aber ein Review über 3F02 "Bart Sells His Soul." Warnung: ich hab soviel abgedrehtes Blech geschrieben das ich es selbst nicht mehr kapiere ;-)


    Die Episode ist wohl eine der allerkultigsten Kultfolgen und natürlich besonders bekannt durch die ultracoole Interpretation von "In A Gadda Da Vida" am Anfang. Die Folge hat aber natürlich weit mehr zu bieten als nur diesen Song - sie ist mal wieder tiefgehend auf mehreren Levels und benutzt eine äußerst komplexe Symbolik hinter der Handlung.


    Die Folge schafft den Kunstgriff (den wohl nur eine S7 schaffen kann) die Existenz einer Seele zu bestätigen aber gleichzeitig auch religionskritisch zu sein und das Seelen-Konzept nicht von Religion oder Gottglaube abhängig zu machen - obwohl am Schluß auch wieder "Gott" als höhere Figur zur Lösung des Problems aufzutreten scheint. Das Ganze wirkt jedoch weder konkret noch aufdringlich christlich-religiös sondern ist von einer subtilen und denkanregenden Unklarheit. Eine solch geniale Zusammensetzung in einer Mischung mit gutem (aber dezentem und leisem) Humor garantiert eine der wohl herausragendsten Folgen aller Zeiten. IMO natürlich.


    Sehen wir uns die unterschiedlichen Konzepte der Folge einmal an:


    Das erste Konzept ist das der Religionskritik - wobei hier nicht Kritik am Glauben an sich oder am Glauben an eine höhere Macht gemeint ist sondern Kritik am altmodischen System der christlichen Kirche in den USA. Das ist besonders am Anfang deutlich als Reverend Lovejoy den "Rock and/or Roll" verdammt und Bart und Milhouse die Orgelpfeifen reinigen müssen die sie mit "popular music" verschmutzt ("befouled") haben. Auch Barts Frage worin denn der Sinn von Religion besteht und die Blende zum Reverend der gerade das gespendete Geld zählt sind Teil dieser Satire auf die Strukturen der offiziellen Amtskirche. Nicht der Glaube wird hier parodiert sondern die Kirche als Institution.


    Das zweite Konzept ist natürlich jenes über die Seele die Bart zu verlieren scheint. Die Dialoge und Szenen sind hier teilweise sehr symbolgeladen, deutlich sichtbar in Teilen von Barts und Milhouse´ Dialog und natürlich sehr stark in Barts finaler Feststellung "There´s no such thing as a soul" die in einer Szene im Inneren der Kirche mit Halleffekt und von oben einfallendem Lichtstrahl geradezu zelebriert wird. Bart erscheint hier fast als Prediger der sein Statement unter dem Licht einer höheren Instanz zu machen scheint. Das der Vertrag über den Seelenverkauf dann auch noch auf einem Blatt Papier mit christlichem Symbol gemacht wird trägt noch zu dieser Symbolik bei. Das die Seele hier als etwas so simples wie ein Blatt Papier gezeigt wird ist natürlich auch schon Teil der Abstraktion.


    Im weiteren Verlauf rückt die Folge dann jedoch vom christlichen Bild der Seele ab und macht die Sache zu einem eher abstrakten Konzept (es gibt auch gute abstrakte Konzepte). Lisa definiert die Seele als "symbol of everything that´s fine inside us" oder zitiert Pablo Neruda mit "Laughter is the language of the soul" (genial Barts Antwort: "I´m familiar with the works of Pablo Neruda.") Die surreale Traumsequenz mit den Seelen als "Zwillinge" der Körper ist ebenfalls genial und erklärt das Konzept - und auch die Leere ohne Seele - auf verstörende Weise ohne in christliche Bilder oder aufdringlich religiöse Szenen zu verfallen. In diesem Fall ist die starke Abstraktion des Konzepts und die starke Surrealität der Traumszenerie einfach brilliant.


    Die Folge wirkt in vielen ihrer Szenen auch sehr dunkel und düster, herausragend vor allem Marges "You´re not a monster" mit Barts verstörter Reaktion und auch die Szenen als Bart durch die Stadt läuft (wobei wir hier mit der Wiggum-Szene einen sehr deutlichen Ausflug ins Bizarre haben der aber nicht störend auffällt sondern die düstere Stimmung nur verstärkt.) Die Folge erreicht hier durch die fast schon übertrieben dunkel gezeichnete Stadt in Schwarz und Blautönen und durch den Regen und Nebel bedrückende Film Noir-Atmosphäre.


    Der Schluß - als Bart verzweifelt nach Hause kommt - bringt uns dann doch zurück zum Glauben und macht aus der Abstraktion erneut eine religiöse Frage als sich Bart an Gott wendet und ihn um Hilfe bittet. Die Hilfe tritt auch prompt ein und Bart bekommt seinen Zettel/Seele zurück, allerdings nicht von Gott selbst sondern von Lisa die das Geld aus ihrem Sparschwein verwendet hat um ihrem Bruder zu helfen. Ob die "Rückkehr" der Seele das Resultat von Barts Gebet ist, bleibt unklar und die Thematik Gott wird auch nicht weiter angesprochen.


    Lisa bringt die Sache sogar wieder auf eine mehr philosophische und eher non-religiöse Ebene als sie sagt "But you know, Bart, some philosophers believe that nobody is born with a soul -- that you have to earn one through suffering and thought and prayer, like you did last night" und Barts Seelenverlust so im Nachhinein fast zu einer Frage der persönlichen Selbstfindung zu machen scheint. Die Lösung des Problems mag "Gott" sein oder auch nicht, das ist hier nicht klar. Die Lösung des Problems mag hier auch - so schmalzig es für die Serie klingt - die Liebe an sich sein da Lisa aus Geschwisterliebe auf ihr Geld verzichtet um Bart zu helfen. Die letzte Traumsequenz zeigt uns deutlich das der alte Bart wieder da ist. Genial. Es gibt hier sicher noch viele Möglichkeiten der Interpretation.


    Der Subplot mit Moe und dem Familien-Restaurant tritt eher in den Hintergrund und ist auch nicht wirklich mit dem Hauptplot verbunden sondern bildet nur ein humoristisches Gegengewicht zur sehr ernsten Handlung. Auch der Subplot hat einige gute Szenen, z.B. Moes finales Ausflippen ("That´s too freakin´ bad...") und einige nette Jokes und Dialoge. Im Vergleich zu manchen S5/S6-Folgen die leider jede Form von Ernsthaftigkeit sofort mit einer Ladung Gaudi zugekleistert hatten halten sich der Subplot und der Humor in der Folge dezent zurück. Sehr sehr gut gelungen und wirklich niemals störend für das Gesamtbild. Die Folge ist lustig bis zu dem Grad den die Handlung erlaubt aber nicht weiter - und das reicht IMO in diesem Fall auch aus.


    Synchro scheint in Ordnung zu sein, speziell der Dialog zwischen Bart und Lisa am Schluß hat im Original aber weit mehr Tiefgang und Emotion.


    Fazit: wohl zu Recht eine der herausragendsten Kultfolgen der gesamten Serie. Tiefgang, Symbolik und ein dezenter Umgang mit Humor zeichnen die Folge aus und heben sie auch über das ohnehin schon gute S7-Niveau. Lichtjahre entfernt vom banalen Slapstick-Mist einer S11/12. Es gibt sicher noch weitere und auch andere Interpretation als meine aber das ist auch gut so. Notenmäßig sollte es ja wohl klar sein, Note A+ für herausragende Qualität.

    P-Code: 2F32
    Englischer Titel: 'Round Springfield
    Deutscher Titel: Zu Ehren von Murphy


    Ausstrahlung USA: 30.04.1995
    Ausstrahlung DE: 31.12.1995


    Inhalt:
    In einer Schachtel "Krusty's Cornflakes" war ein Metallring - und diesen hat der arme Bart verschluckt. Niemand glaubt ihm, dass er Schmerzen hat - außer Schwester Lisa. Schließlich muss ihm der Blinddarm herausgenommen werden. Vom eingeklagten Schadensersatz bleiben ihm 500 Dollar. Und genau diesen Betrag bräuchte Lisa für eine seltene Platte des Jazzmusikers Murphy ...


    Weiterführende Links:
    2F32 @ ULOC (D)
    2F32 @ SNPP (E) (Capsule)


    ------------------------------------------------------------------------------------------


    2F32 - Review


    Hier wieder ein kleines Review zu einem OFF-Klassiker. Da ich mal wieder was Nettes über eine Folge schreiben will, hab ich mir selbst eine Episode aus meiner Favoritenliste ausgewählt, nämlich die IMO geniale 2F32 "Round Springfield" aus S6.


    Die Folge hat erstaunlicherweise einen ziemlich schlechten Ruf und wurde oft als zu ernst und nicht lustig genug kritisiert, ist aber meiner Meinung nach mit dieser Einschätzung relativ falsch bewertet und unterbewertet. Ein Großteil von S5 und Teile von S6 waren in einem übermäßig seichten Stil gehalten und die Charaktere dienten hauptsächlich als Mittel für hastige und mit Gags überladene Handlungen ohne echten Tiefgang. S7 sollte eine andere Richtung beschreiten und Folgen wie 2F32 sind bereits in S6 die Vorboten dieser positiven Entwicklung. Wozu in den ersten Staffeln Charaktere tiefgängig definieren, wenn sie dann nur noch für "lustige Gaudi" benutzt werden?


    2F32 war eine recht wichtige Folge, die die Serie nach S5 wieder mehr zurück zu ihren Wurzeln brachte (ohne moderne Einflüße zu ignorieren) und die in ihrer Handlung eine durchaus passende Synthese aus S2-Ernsthaftigkeit und S6-Gaglastigkeit einging. Die Folge ist nicht übermäßig lustig und das ist auch gut so, die Autoren fangen zum Ende von S6 hin endlich wieder an, sich nicht vor ihrer eigenen Ernsthaftigkeit zu fürchten und auch wieder düstere Seiten in die Episoden zu bringen. Es geht in der Folge schließlich um den Tod von BGM und der Humorfaktor ist daher bis zu einem passendem Maß zurückgenommen, aber durchaus in dezenterer Art vorhanden.


    Die Episode ist charakterlastig und in Teilen sehr emotional und damit in gewisser Hinsicht würdiger Nachfolger von 7G06 "Moaning Lisa". Ging es damals noch darum, das Lisa BGM ihr Leid über die Unterdrückung ihres kreativen Geistes klagen konnte, so kann sie sich nun zumindest beim Konzert in der Schule entfalten - aber als sie es BGM erzählen will, ist dieser tot. Das ist düster. Es ist düster, aber das Thema Tod wird in richtiger Form behandelt und wirkt nicht platt oder zynisch, die Balance zwischen der dunkleren emotionalen Seite und dem Humor ist genau richtig getroffen und das ist in S6 ein eher seltener Fall (Folgen wie "And Maggie Makes Three" hatten die Balance nicht.)


    Es gibt in der Folge auch einige gelungene stilistische Elemente, der humoristische Subplot mit Bart und dem Metallring in den Krusty-Flocken etwa ist ein wichtiges Element, das aktiv zum Hauptplot beiträgt und nicht nur als Füllmaterial und Szenenreihe nebenher läuft. Weil Bart ins Krankenhaus muß, trifft Lisa am Anfang BGM wieder und dadurch, das Lisa die einzige ist, die Bart geglaubt und im Subplot zu ihm gehalten hat, hilft ihr Bart am Schluß mit dem "Sax on the Beach"-Album und hilft damit auch, den Hauptplot abzuschließen. Das ist aktives Zusammenspiel von Plotelementen.


    Durch seine Aktion wächst Bart auch charakterlich über sich hinaus (er kauft Lisa das Album "cause it´ll make you happier than me") so daß die Folge nicht nur emotionalen Tiefgang für Lisa, sondern auch für Bart hat. Das sehr wichtige Element der familiären Integrität in einer satirischen Welt ist am Schluß damit auch gegeben. Sehr schön. Die emotional tiefe Situation zwischen Bart und Lisa wird sich im Übrigen in der (noch besseren) 3F02 "Bart Sells his Soul" wiederholen, nur umgekehrt. 2F32 hat darüber hinaus noch viele weitere wichtige klassische Elemente und auch einiges an Humor (Abe und der Tod) und sehr schöner Satire (KJAZZ mit 152 Zuhörern.)


    Der Schluß ist natürlich recht krass cartoonig, aber irgendwie stört er mich nicht, es ist der vielleicht der einzige wirklich extrem (nicht zielgerichtet) surreale Schluß, den ich absolut genial finde (Humor liegt hier auch im Detail, alle Wolkenköpfe außer BGM werden von James Earl Jones gesprochen.) Ich denke, die Emotion der Folge und auch die Tiefe von Lisa in der Situation sind stark genug, den bizarren Schluß zu tragen, Lisa steht als "echter" Charakter quasi über der Surrealität. Der Abspann mit der eigenen Fassung von Carol Kings "Jazzman" ist absolut genial. So sollte eine Folge über den Tod eines semi-regulären Charakters aussehen, nicht wie in der platten und "superlustigen" BABF10.


    Das einzig Negative, das man über die Folge sagen könnte, ist die Tatsache, das der Tod von BGM eben - genau wie bei Dr. Monroe - daher kommt, das er ein relativ unbeliebter Charakter war und das ihn die Autoren deshalb gewählt haben (ich hab ihn immer gemocht, "Coolest Jazzman in Town.) Mittlerweile hat die Realität die Folge leider eingeholt, BGM-Sprecher Ron Taylor ist verstorben :-(.


    Die Synchro der Folge ist halbwegs in Ordnung, Sabine Bohlmann erreicht die Qualität von Yeardley Smith natürlich nicht, der deutsche BGM ist aber besser als der von Rabe in 7G06. Es ist eine der wenigen Folgen, wo Steve Allen auch in der DV genannt und nicht zu Eddie Murphy und ähnlichem umgeändert wird. Ein Jazzman namens "Willy Witherspoon" wird in der DV zum "Lothar Lollypop". Der Titel der Ep bezieht sich auf das Album "Round Midnight" der Jazz-Legende Thelonious Monk.


    Fazit: eine genial ernste Folge mit genau richtiger Balance zwischen dunklen Seiten und Humor, die sich mit dem Thema Tod in passender (und nicht zynischer/superlustiger) Weise beschäftigt und die sowohl Lisa als auch Bart echten Tiefgang gibt. Es ist nicht nur wichtig, guten Humor schreiben zu können, es ist auch wichtig, zu wissen, wo die Grenzen des Humors liegen und wieviel Humor eine Handlung verträgt. Im Gegensatz zu vielen S5 ist die Balance hier sehr gut. Der Schluß ist cartoonig, aber die Charaktere tragen ihn, der Song ist genial. Play it again, Lis. Note A.


    P.S. Weiß eigentlich jemand, warum die Folge einen derart hohen P-Code hat und warum es keine Folgen zwischen 2F22 und 2F31 gibt? Ich hab das glaub ich mal irgendwo gelesen, aber weiß den Grund nicht mehr.

    2F10 - Review


    Da haben wir also eine S6-Folge über Bowling und über Homers Verhältnis zu Maggie. Kann das wirklich funktionieren? Jepp, es kann - wenn auch nicht so ganz 100%ig. Als Rückblende tritt diese Folge natürlich in riesige Fußstapfen, nämlich in die von klassischen Folgen wie "The Way We Was" oder "I Married Marge" und diese Schuhe sind ihr vielleicht ein klein bißchen zu groß was sich vor allem in einer Balance-Schwäche und zunehmender Diskontinuität zeigt.


    Es ist immer eine Herausforderung eine klassisch-emotionalere Handlung und eine modernere Gag-Handlung in einer funktionierenden Episode zusammen zu bringen und wenn diese Stilmischung nicht korrekt gemacht wird dann geht eine Episode fast zwangsläufig daneben. In den klassischen Staffeln wurde da oft nicht gezögert die Gag-Handlung so stark runterzudrehen das die dunkle Komponente der Folge klar überwiegt aber das würde nicht mehr zum lockeren Stil von S6 passen und der Autor (in diesem Fall eine Frau, Jennifer Crittenden) mußte einen anderen Weg finden der aber leider etwas an der spaßigen Oberflächlichkeit entlangschrammt.


    Die emotionale Handlung darf nicht so ernst und so negativ sein das sie einem die Gags verdirbt und die Gags dürfen nicht so grell sein das sie die emotionale Handlung in den Schwachsinn ziehen. Die Balance ist möglich wie z.B. "Lisa´s Wedding" zeigt aber in "And Maggie Makes Three" ist sie IMO nicht so gut durchdacht wie sie sein sollte. Die Folge enthält echtes Konfliktpotential und emotionale Komponenten aber sie geht nicht wirklich tiefer darauf ein sondern orientiert sich mehr am direkten Spaß - was IMO zur Folge hat das speziell der "schmalzige" Schluß etwas aufgesetzt wirkt.


    Homer´s Charakterisierung ist hier sehr S6-typisch und hat dadurch auch die typischen Schwächen einer modernen Charakterisierung in die S5 bereits große Löcher geschlagen hat. Er hat Szenen in denen er wahren Charakter zeigt (vor allem am Schluß) aber auch Szenen in denen er nur als extrem dummes Mittel zum Zweck und Verbindung zwischen den einzelnen Jokes verwendet wird. Vor allem die schräge und untypische Trommelszene in Burns Büro fällt - so lustig sie auf den ersten Blick auch ist - negativ auf, genau wie Homer´s totaler Egoismus den er fast während der ganzen Folge zeigt. Es ist ein akzeptabler Homer (soll heißen es war schon schlimmer) aber nicht so ganz.


    Desweiteren stellt sich natürlich auch die Frage ob leicht überdrehtes Material wie die Terroristen-Fantasie mit der "Die Hard"-Parodie, die Cartoon-Sequenz über "Wo die Kegel herkommen" oder der platzende Kopf (S11/12 hätte das sofort für Blutsplatter benutzt) in einer Familien-Rückblenden-Folge wirklich nowendig sind oder irgendwie zur Handlung beitragen. Eigentlich nicht wirklich aber derartiges Material wurde eben "hineingekleistert" um ständig ein stärkeres Fun-Gegengewicht zur Emotionshandlung zu haben. Klassische Beispiele wie 7F12 oder 8F10 haben das nicht gebraucht aber in S6 geht es natürlich nicht mehr ohne und die Balance funktioniert trotz (oder gerade wegen) vieler lustiger Jokes nicht so ganz.


    Ein weiterer negativer Faktor der auftritt sind die Kontinuitätsprobleme die infolge der nun doch schon sehr langen Laufzeit der Serie in S6 gehäufter auftreten. Einige sind schwer zu vermeiden aber andere hätte man beachten können. Setzt man die Tatsache das Maggie noch nicht da ist in den Hintergrund dann fallen einige Ungereimtheiten deutlich auf. Homer ist bereits für die Sicherheit im Kraftwerk zuständig (er sitzt zumindest an seiner Konsole)? Ruth Powers ist unter den Gästen bei Marge aber Ruth ist erst in die Straße gezogen als Maggie schon geboren war. Naja, in einer Folge in der der Gang plötzlich zur Badezimmertür wandert ist sowas eben normal.


    Hätte die Episode nicht den Schluß den sie hat dann wäre sie vielleicht noch weiter ins Negative abgedriftet aber das Ende rettet wieder viel. Homer zeigt wahren Charakter als er plötzlich alle Probleme und Erniedrigungen der Folge vergißt und erkennt das ihm Maggie und die Familie wichtiger sind als aller Unsinn den er während der Folge gemacht hat. Die Erniedrigung bei Burns steht er durch ohne als Idiot und Clown dazustehen und die "Do It For Her"-Szene gibt der Episode am Schluß etwas was ihr ca. 19 Minuten lang gefehlt hat: Tiefe. Ein genialer A-Schluß für eine IMO leider nicht ganz so geniale Episode.


    Ich denke viele Leute die emotionale Folgen mögen finden sie zu geradlinig und zu überdreht spaßig und viele Leute die reine Gaudi-Folgen sehen wollen finden den Schluß zu schmalzig. Die Kritiken in der Capsule geben da ein gutes Bild, manche Leute loben die Folge in höchsten Tönen während sie andere eher negativ und als Stilbruch oder gar als schlechteste Rückblenden-Folge überhaupt sehen und selbst eine Note F ist mal wieder dabei. Der Bruch mit dem klassischen Stil ist deutlich, der Spaß überwiegt und daher hat die Folge nicht so ganz den Geschmack der 7F12-Fans getroffen. Schluß: Top. Folge: leicht Meh und etwas im S6-Mainstream-Style.


    Fazit: eine recht amüsante und lustige Folge mit vielen funktionierenden Jokes bei der man aber im Unterschied zu anderen klassischen Rückblenden trotz Lachern eine gewisse Leere fühlt. Manchmal wohl zu plump und geradlinig in ihrem Drang nach simplem Spaß aber mit einem genialen Ende das Homer Tiefe gibt und viel entschuldigt. Die Balance zwischen Spaß und Ernst ist etwas uneinheitlich und einige Szenen (Trommlerei, Kegelfabrik) wirken überdreht und Fehl am Platz. Die ganze Sache mit Homer, Maggie und Bowling hätte auch weit weit weit schlimmer kommen können (was sie auch noch tun wird) aber in gewisser Weise krankt die Episode doch leicht an ungenutzem Potential. Da das jetzt alles wieder recht negativ klingt und ich die Episode trotzdem mag kommt hier noch eine Note, nämlich eine glatte Note B für den Gesamteindruck.

    1F02 - Review


    Ich könnte jetzt ein Review über eine sehr gute Folge schreiben, ihr eine Note A+ geben und detalliert sagen warum ich diese und jene Folge so richtig supergut finde. Auf der anderen Seite wäre das aber nicht besonders interessant, also machen wir lieber ein Review über eine S5- Problemfolge (die in dieser Staffel nicht wirklich die einzige ist) auch wenn es dann wieder mal so aussieht als ob ich nur noch negativ über Folgen sprechen würde. Ich denke ich suche mir schon die passenden Folgen aus um negativ darüber zu sprechen und die Probleme zu zeigen, die es auch damals schon gab. Der Niedergang ist kein S9/S10- spezifisches Problem und er kam auch nicht über Nacht. Die Wurzeln kamen schon sehr viel früher...


    Machen wir also wieder ein "kleines" und negatives aber IMO faires Review über eine klassische Problemfolge. Über eine Folge deren Titel aus 4 Wörtern besteht. 4 Wörter die für viele Leute einen der ersten Hinweise darauf gaben das die Serie begann ihre Richtung zu verlieren. 4 Wörter die für einen ersten und frühen Identitätsverlust der Serie und ihrer Charaktere stehen. 4 Wörter die dem einmal perfekten Gesamtbild "Simpsons" schon damals einen empfindlichen Schlag versetzt haben. 4 Wörter als Symbol das die Serie begann ihre alten Wurzeln zu verlieren.


    Der Problemtitel mit den 4 Wörtern ist "Homer Goes To College" aka "Homer auf der Uni".


    "Was soll denn das nun wieder?" werden da einige sagen "das ist doch noch eine supertolle und superlustige Klassiker-Folge aus der genialen fünften Staffel. So langsam kann man dich nicht mehr ernstnehmen, Chris, denn du lästerst ja nur noch über Folgen rum. Früher war es gerechterweise nur S11 aber jetzt machst du ja alles nieder und man will dir gar nicht mehr zuhören. Geh doch und lass dich zusammen mit deinen ersten drei Staffeln einsalzen. Mann, du nervst. Homer auf der Uni ist voll superlustig."


    Voll superlustig? Wirklich? Vielleicht ist sie das ja auch aber was ist sie noch? Um was ging es in der Folge eigentlich? Was war die Handlung? Was war der Hintergrund? Was passierte am Folgenende? Kann es sein das viele Leute diese Folge schon etliche Male gesehen haben (dank P7) aber das am Ende nach allen Lachern jedes Mal nur ein leeres Gefühl blieb und das die Folge bei jedem erneuten Anschauen immer flacher und inhaltsloser wurde?


    Die Folge (oder ein Großteil davon) existiert nur aus einem Grund und dieser Grund ist auch ihr Hauptproblem: Homer J. Simpson und seine mittlerweile extrem gewordene Dummheit. Die Folge lebt nur davon Homers Dummheit für ihre Handlung quasi "auszubeuten" und ihn von Joke zu Joke und von einer abstrusen Situation zur nächsten zu bringen, während alle anderen Nebenfiguren - einschließlich der Familie - als Statisten im Hintergrund bleiben und Homers "wacky adventure" nur als schwache Stütze umrahmen. Kommt einem das nicht bekannt vor? Staffel 11 läßt grüßen.


    Die Folge ist IMO nicht "definierend" für Homer als Charakter sondern "degradierend" für ihn. Sie degradiert sie ihn zu einem extrem dummen und leicht psychotischen flachen Idioten der von vorne bis hinten absolut nichts begreift und nichts versteht und am Schluß (ist es wirklich einer?) über seine eigene Dummheit und totale Ignoranz sogar noch froh ist und selbst über sein völliges Versagen von anderen informiert werden muß - aber trotzdem nicht versteht sondern sofort wieder zu seinem flachen und dummen eindimensionalen Ausgangszustand zurückgeht (Party, Party, Party...)


    Homer ist flach und dumm bis zu einem Level der sein altes leicht kindliches aber "menschliches" Ich über lange Strecken ad absurdum führt. Er verfolgt Bienen, zündet das Haus an, er kichert wirr und verfolgt ein Eichhörnchen (schon wieder Eichhörnchen? Sollten sich alle Probleme der Serie mit Eichhörnchen erklären lassen? ;-)) und benimmt sich über lange Strecken der Folge hart an der Grenze zu einem psychotischen Kleinkind. Symptomatisch ist vielleicht noch die Szene als er Bart unkontrolliert und ohne wirklichen Grund am Esstisch beinahe mit dem Messer attackiert und seine ständige Idee den Dekan von der Brücke zu werfen (umrahmt von wirrem Kichern.)


    Ist das noch der alte Homer oder sind das die ersten Schritte zum psychotischen, debilen und flachen Jerkass (sorry, das Wort muß hier einfach sein) der die Folgen dominiert und wirklich nur dazu da ist den Zuschauer von flachem Homer-Lacher zu Homer-Lacher zu führen ohne echten Hintergrund zu haben. Die Ausbeutung von Homers Dummheit ist der einzige Hintergrund.


    Man kann aber nicht sagen das die Folge keine Handlung hat, das Gegenteil ist der Fall: die Folge enthält extreme viel Handlung (Homer im SNPP, Homer auf der Uni, Homer und die Nerds, Homer klaut Schwein, die Nerds bei Homer etc etc) ohne wirklich einen echten festen Faden zu haben. Man hat am Ende zwar das Gefühl eine Folge gesehen zu haben die länger als 20 Minuten gedauert hat aber die Überlastung mit (unfertigen) Handlungsfragmenten ist so groß das die Folge ein arg leeres Gefühl hinterläßt und man nicht so recht weiß um was es eigentlich ging. Je öfter man die Folge sieht desto mehr nutzen sich die Dummheits-Jokes ab und um so schlechter erscheint sie einem.


    Satire? Inhalt? Charakter? Tiefe? Hauchdünn bis nicht vorhanden.


    Das Hauptproblem der Folge ist ja daß Homer das College bestehen *muß* um seinen Job zu behalten aber diese "dunkle Seite" der Handlung wird von Homers wirren und "superlustig/flachen" Abenteuern total in den Hintergrund gedrängt und man ist am Ende eher überrascht als die Handlung nach allen Schwenkern sprungartig wieder zu diesem Ursprungs- Problem zurückkehrt und es in ca. 2 Minuten Handlung noch zu lösen versucht und natürlich versagt. Der Schluß wirkt meiner Ansicht nach in vielerlei Hinsicht unfertig und unbefriedigend. Homer hat in allem versagt aber er begreift es nicht einmal und ist zufrieden über seine eigene Dummheit. Erinnert einen das nicht an S11?


    Die Satire in der Folge ist hauchdünn (nicht das es kein Potential gegeben hätte, z.B. für Seitenhiebe auf das US-Schulsystem und College) denn die Handlung wird weit mehr für arg platten Unsinn und simplen leichten Spaß verschwendet. Die Folge hat einen einzigen wirklich satirischen Satz als Bart die Bilder von Sir Oinksalot herumzeigt und sagt "Hier verleiht er Richard Nixon die Ehrendoktor-Würde - und hier wälzt er sich im eigenen Dreck..." Das ist ein Moment im wahren Geist von Matt Groening, der Rest der Folge ist mehr im Slapstick-Geist der Looney Toons.


    Ein SNPP mit Selbstzerstörungsknopf, ein Hund der Knöpfe drückt, eine ganze Belegschaft die schläft, Homer als Bienen-Boss mit dem dicken Hintern, die Szenen mit dem grün leuchtenden Nuklear-Homer ("Muß Menschheit vernichten) und das gleich zweimal und somit schon wieder über der Grenze des handlungsrelevanten Sightgags (der Unterschied zum kritisierten Plutonium auf den Zähnen ist nicht besonders groß, oder?) und Homer der seine echte Chance das Problem zu lösen mit "Lecken sie meinen dicken gelben Hintern" quittiert etc etc etc. All das definiert die Folge als simple und leere Spaß-Folge die weder Wert auf Satire noch auf Charaktere noch auf Inhalt legt und damit ist sie auch definierend für vieles das noch kommt und irgendwann zu S11 führen wird.


    Fazit: es ist keine wirklich schlechte Folge aber es ist eine weitere Problemfolge auf dem langen Weg zu S11 mit vielen Wurzeln die zu Problemen führen werden und geführt haben. Fast keine Satire, simpler und platter Spaß, Homer-zentrisch bis zum Letzten, Ausbeutung von Homer- Dummheit (die inzwischen an teilweise unterträgliche und debile Grenzen stößt) und ein Schluß der nach allen Handlungswirren doch arg aprupt kommt und keinerlei Lösung des ursprünglichen Problems oder gar Erkenntnis bei Homer bringt. Die Folge ist anschaubar wegen ihrer Jokes aber das nutzt sich IMO sehr sehr schnell ab. Ein unnötige Folge und von einem gwissen klassischen Standpunkt aus gesehen eine schlechte Folge und eine Wurzel des Übels.


    Und jetzt macht mich alle nieder. Aber wenn man genau darüber nachdenkt liege ich doch nicht wirklich ganz falsch, oder? Kommentare von Gegnern und Befürwortern sind willkommen.

    P-Code: 9F16
    Englischer Titel: So It's Come To This
    Deutscher Titel: Wir vom Trickfilm


    Ausstrahlung USA: 15.04.1993
    Ausstrahlung DE: 31.10.1996


    Inhalt:
    Lisa und Bart haben das Drehbuch zu einer neuen Zeichentrickfolge geschrieben. Das Buch wird abgelehnt - weil die beiden noch Kinder sind! Daraufhin setzen Lisa und Bart den Namen ihres Großvaters auf die Titelseite. Prompt haben sie Erfolg. Und sie gewinnen sogar einen Preis. Nur der Großvater ist unzufrieden. Er hat zum ersten Mal einen Zeichentrickfilm gesehen und findet ihn widerlich und gewalttätig. Währenddessen muss Homer seinen Highschool-Abschluss nachholen.


    Weiterführende Links:
    9F16 @ ULOC (D)
    9F16 @ SNPP (E) (Capsule)


    ------------------------------------------------------------------------------------------


    9F16 - Review


    Sehen wir uns also mal 9F16 "The Front" an, die einzige Folge, die P7 aus seltsamen Gründen bisher noch nie im Vorabendprogramm gezeigt hat, sondern immer erst später. Ich gehe mal davon aus, das jeder hier die Ep trotzdem kennt (obwohl ich sie schon lange nicht mehr auf Deutsch gesehen habe.)


    Ironie und Metahumor waren ja oft Bestandteil von Episoden und wurden für nette Jokes verwendet, bei 9F16 ist diese Form von Humor aber nicht nur ein Bestandteil der Handlung, sondern der einzige Bestandteil der (Haupt)handlung, so daß die Episode großflächig etwas zu stark an einen überlangen und zur Episode gedehnten Metajoke erinnert und zuwenig an echten Ablauf.


    Wir haben sehr viele gut ausgedachte Ideen aus dem Bereich der Animationsparodie und Ironie - der lahme I&S ohne jeglichen Inhalt, Barts erstauntes "Cartoons have writers?", das Swartzwelder-Buch, die visuelle und surreale Ironie mit dem ständig gleichen Hintergrund, die zahlreichen Autoren (Mike Reiss, Al Jean, Sam Simon, Jon Vitti und andere) und sogar MG selbst bei der Preisverleihung. Das ist alles gut und schön - nur eine wirkliche Handlung ist hier fast nicht vorhanden, die Folge springt an recht losem Faden von Einzel(meta)joke zu Einzeljoke, ohne das ein festes Ziel erkennbar ist.


    Die Haupthandlung tritt im Grunde auf der Stelle und wechselt nur zwischen Ironie, I&S-Einlagen und Szenen von Grampa, der keine Ahnung hat, um was es eigentlich geht. Die Folge hat faktisch kein Ziel, ihre einzige Substanz und Richtung ist es, das Cartoonbusiness an sich zu persiflieren. Das macht sie denn auch, aber vielleicht etwas zu laut und zu einseitig - was eben daran liegt, das diese Selbstironie nicht subtil im Hintergrund des Plots liegt (wie sonst), sondern der Plot selbst ist.


    Am Ende gewinnt Grampa den Preis für "seine" Skripte und kann (nachdem er I&S zum ersten Mal sieht) allen seine Abscheu über die ganze Cartoonindustrie sagen. Schluß. Ende. Dieser Schluß kann eigentlich nur entstehen, weil die Handlung selbst plötzlich in eine endlich feste Richtung drängt, weil der "Gewinn" als ein plotinternes Ereignis die recht inaktiven Charaktere in diese Situation zieht. Das Konstrukt wirkt etwas plump und abrupt, aber bei der Richtungslosigkeit innerhalb der Ep war es eigentlich gar nicht anders möglich, die Folge zu Ende zu bringen. Konkrete Charakterinitiative hätte nichts gebracht, da keine Richtung für eine Initiative zu erkennen war.


    Der Subplot mit Homer und der "High School Reunion" ist ganz unterhaltsam, läuft aber (und das ist selten in S4) völlig am Hauptplot vorbei und macht etwas den Eindruck sitcomigen Füllmaterials. Es ist auch die Folge, in der Artie Ziff Homer zum ersten Mal Geld für eine Nacht mit Marge bietet. Die besten Nonmeta-Lacher der Folge gehen auf jeden Fall auf Homer, wie etwa die Donut-Szene beim Chemie-Unterricht und Homers verzweifeltes "This is not happening" und anderes.


    Die ganze ausgelutschte Situation bei I&S erinnert einen leider auch etwas an moderne OFF-Folgen und S1x, womit die Autoren damals bestimmt nicht gerechnet haben (und was sie auch heute nicht zugeben würden.) Der völlig lahme I&S mit Barts "They´re building to something" und mit grober Schlußmessage "Don´t use Drugs" hat irgendetwas von der Sinnlosigkeit und Leere von modernen Folgen und ihren plumpen Satiren/Botschaften mit Alibifunktion, auch bei S1x-Folgen hat man ab und zu noch die Hoffnung, das sie zu irgendetwas führen könnten. Roger Myers Jr. und sein "If I puked in a fountain pen and mailed it to the monkey house, I´d get better scripts" ist ja ohnehin *der* Satz über neue Folgen, vielleicht zusammen mit Sideshow Bobs McGyver-Zitat aus 8F20 ;-).


    Warum P7 die Folge nicht im normalen Programm zeigt, ist mir nicht ersichtlich, zumal alle "bösen" Folgen wie "Cape Feare" oder THOH IX nun schon um 18/19:00 Uhr gelaufen sind. Ich kann bei 9F16 eigentlich nichts besonders übles entdecken, lediglich der dritte I&S "Screams from a Mall" ist mit der Häutung vielleicht etwas über dem normalen Level.


    Fazit: eine etwas substanz- und ziellose Folge, deren Hauptinhalt aus Metahumor und Selbstironie besteht. Trotzdem viele recht nette Jokes und gute Ironie und Persiflage des Cartoonbusiness. Eine Episode für den kurzen Lacher, aber IMO nicht von Bestand, ein leichtes Kuriosum für sich und mit etwas plumpem und abruptem Ende. Der Flanders-Short ganz am Schluß ist kultig. Note B-.

    8F07 - Review
    Hier also mal ein...äh...kurzes Wunschreview zu 8F07 "Saturdays of Thunder".


    Ich habe diese Folge gewählt, weil ich sie eigentlich für keine der wirklich herausragenden S3-Folgen halte und weil ich doch ein paar kleinere Schwächen sehe (was in klassischen Staffeln ja selten vorkommt.) Ich denke die Folge funktioniert im satirischen und humoristischen Detail besser als im Gesamtkonzept.


    Sehen wir uns mal die negativeren Aspekte an.


    Es war vielleicht keine besonders gute Idee, die Folge direkt nach "Lisa´s Pony" zu zeigen (es wurde aber bei der Erstaustrahlung in den USA genauso gemacht) da die Themen der beiden Episoden auf der einen Seite doch etwas zu ähnlich wirken, während es auf der anderen Seite auch qualitative Unterschiede gibt. In beiden Folgen geht es um Homers Fähigkeiten als Vater und um die Vernachlässigung eines seiner Kinder, im Gesamtbild schneidet "Lisa´s Pony" IMO besser ab.


    Generell könnte ich jetzt subjektiv sagen, das Folgen mit "Lisa" im Titel sowieso alle besser sind, aber ich denke, das es bei Homer/Lisa-Folgen auch eine objektive Basis dafür gibt. Bei allen astreinen Folgen über Homer und Lisa (vgl. 7F19, 8F12, 3F03 etc.) entsteht der Inhalt und der Aufhänger der Story aus der starken charakterlichen und intellektuellen Unterschiedlichkeit und aus dem ständig präsenten Entfremdungskonflikt zwischen Vater und Tochter.


    Bei Episoden über Homer und Bart fehlt nun dieser Konflikt, es fehlt damit auch ein gewisser Aufhänger und die emotionalere Komponente wirkt von Anfang an flacher und konstruierter. Bart und Homer sind sich ohnehin sehr ähnlich (siehe z.B. Anfang von 7F06) und daher haben die Konflikte zwischen beiden nicht das tiefere Potential wie zwischen Homer und Lisa (bzw. zwischen Bart und Lisa).


    Der Ablauf von 8F07 erscheint mir erstaunlich flach und ich kann nicht mal genau sagen, woran das nun im Detail liegt. Es mag zum Teil sicher an den oben erwähnten Dingen liegen und daran, das die emotionale Konfliktkomponente bei Homer und Bart nicht die Tragweite (und Handlungsfähigkeit) hat wie bei Homer und Lisa. Es mag auch an Detailgründen der Struktur liegen, die Folge versucht ihren Mangel an Substanz etwas mit (sehr guten satirischen) Füllszenen wie Spiffy und McBain zu füllen und macht auch einige "Plotkurven", die Folge ist nicht so zielgerichtet wie etwa 8F05 oder 8F06.


    Kommen wir zu den positiveren Aspekten.


    Worin die Folge sehr gut funktioniert, sind Jokes und Satire im Detail. Die Werbung für "Spiffy" ist auf der einen Seite Parodie über Werbesendungen, auf der anderen Seite aber auch ein Seitenhieb darauf, wie die Amerikaner mit ihrem kulturellen Erbe umgehen - gezeigt durch den Grabstein von Edgar Allan Poe ("One of our best writers." - "Yes, but unfortunately, a century of neglect has turn this tombstone into a depressing eyesore.") Der McBain-Film ist eine der besten Actionparodien überhaupt und die ganze Sache mit dem "National Fatherhood Institute" ist interessante Satire und gesellschaftlicher Seitenhieb.


    Homer versucht, ein guter Vater für Bart zu sein, geht aber im Grunde in der ganzen Folge weit an den "Richtlinien" vorbei und das ist am Schluß vielleicht sein Erfolgsgeheimnis. Er ist inkompetent, er läßt Bart mit Werkzeug hantieren, macht selbst jede Menge Unsinn, setzt durch das Bart ohne Schutzhelm starten darf (was im Vergleich zu klassischen sicherheitsbewußten Sitcom-Vätern radikal wirkt) und trotzdem ist es am Ende so, das Homer als Vater erfolgreich ist und das Bart seine Anwesenheit braucht.


    Das liegt IMO daran, das beide "gleich" sind (deutlich in der Spottszene gegen Nelson) und das sie gar kein "Fatherhood Institute" und keine obskuren Cosby-Bücher brauchen. Der unerwartete Joke, das das Vorbild von Bart - Ronny Beck - auch nur ein kleiner Junge ist, tendiert vermutlich in jene Richtung, das Barts anderes Vorbild - Homer - auch nur ein "großes Kind" ist. Der Schluß mit dem hübsch satirisch überzogenen Institut und der "mission control" ist sehr gut gemacht und soll in dieser Form wohl die schräge Elternberatung in Amerika parodieren, die oftmals durch übertechnisierte Konzepte an den Problemwurzeln vorbei geht.


    Auf der einen Seite haben wir die familiäre Integrität zwischen Bart und Homer mit der klassischen emotionalen Komponente (soweit das bei Bart/Homer möglich ist) und auf der anderen Seite haben wir eine satirisch überzeichnete Realität. Die Folge tendiert in ihren Jokes wohl teilweise auch mehr zum deutlicheren und weniger dezenten Sarkasmus als in S2, wir haben z.B. einen Genickbruch beim Football, eine Hai-Attacke beim "Underwater Fathering" und Martin in Flammen. Hier sehen wir die ersten Schritte hin zum stärkeren Sarkasmus späterer Staffeln (es sollte mal zum Problem werden.)


    Die deutsche Synchro schien mir in Ordnung zu sein, sogar besser als manch andere Arbeiten von Rabe in S3, lediglich bei Homers "reverse psychology" kam mir die Betonung etwas unklar vor. Damals konnte man aber Sandra Schwittau und Nobby sogar noch einigermaßen erträglich zuhören, das Original ist dank Dan und Nancy Cartwright um Längen besser.


    Fazit: eine gute Folge, die aber meiner Ansicht nach im satirischen Detail besser funktioniert als im Gesamtkonzept. Viele nette Jokes, gute Satire, viele gute Parodien (Lethal Weapon, Ben Hur etc.) aber irgendwie ein Plotablauf, der nicht so ganz in Schwung kommt. Verglichen mit heutigem Müll eine astreine Folge, verglichen mit S3-Niveau aber IMO kein Spitzenplatz.

    7F19 - Review


    Ich habe mich zu einem Review über eine meiner Lieblingsfolgen entschlossen, nämlich über 7F19 "Lisa´s Substitute". Obwohl das Review mal wieder recht lang geworden ist, kann es IMO nur einen Teil der Konzeptbreite abdecken, sowohl bezüglich Haupt- als auch Subplot. Die Komplexität ist zu groß.


    Warnung - viel Gefasel, etwas holprig. Ich komme aus der Übung mit Reviews.


    Die Capsule zu 7F19 beginnt kurioserweise mit den Worten "I laughed, I cried, it became a part of me" - ein Satz, der bereits einen interessanten Eindruck von der IMO starken emotionalen Kraft der Folge vermittelt (wenn mir bei dieser Folge etwas Melodramatik gestattet ist.)


    Bereits der Bart-Subplot hat einige bemerkenswerte satirische und ironische Elemente, man denke an das Sex-Poster (wie bereits von mir erwähnt), die geniale Parodie (mit dem "Simpson Defeats Prince" Zeitungsartikel) auf die klassische Falschmeldung, das Dewey Truman bei der Präsidentschaftswahl 1948 besiegt hat, Martin, der sich abschätzig über Ray Bradbury äußert, sowohl Martin als auch Bart gehen mit dem Slogan "A Vote for Bart is a Vote for Anarchy" auf Wählerfang (brillante Idee), die Satire über das Wählerverhalten, die Nachzählung - all das sind Hinweise auf eine extrem komplexe Satire unter der Oberfläche der Handlung.


    Die Implikationen über Wählerverhalten und über die ernstere Tatsache, das Wahlen bei geringem Interesse und geringer Wahlbeteilung von Randgruppen gewonnen werden können (jeder hat Bart zugejubelt, aber niemand hat gewählt, so daß am Ende Martin gewinnt) eröffnen ein breites Feld für weitere Diskussion, ich will mich im Review aber mehr dem Lisa-Plot widmen. Wie wir noch sehen werden, ist der Bart-Plot auch für die Lisa-Handlung wichtig, zumindest auf konzeptioneller Ebene.


    Die Folge setzt für Lisa quasi die Handlung von 7G06 "Moaning Lisa" fort und das (wie ich sagen muß) sogar mit weit mehr Klasse und Tiefgang als das etwas zu direkte S1-Vorbild. Wir treffen erneut auf das Konzept, das Lisa nach einer intellektuellen (und auch emotionalen) Bezugsperson sucht. Auf den ersten Blick geht es in der Folge um eine typische Kinderschwärmerei für einem Lehrer (wie sie aus diversen Sitcoms/Serien bekannt ist), auf den zweiten Blick geht es aber weit tiefer, denn Lisa ist auf der Suche nach einem Ersatzvater und nach einer Bezugsperson, die ihr gleich ist und mit der sie aus ihrem Status der kreativen Unterdrückung entkommen kann. In 7G06 war BGM diese Person (für ihre musikalische Kreativität) und in 7F19 ist es Mr. Bergstrom (für ihre intellektuelle Kreativität.)


    Es ist immer schwer, den Begriff zu definieren, aber das ist wahre Charaktertiefe. Es geht in der Ep IMO nicht wirklich um simple Kinderschwärmerei, sondern erneut um Lisas alte Ur-Ängste des Alleinseins in einer Welt ohne Bezugsperson. Wir haben in 7G06 gesehen, das Homer und Lisa nicht auf gleichem Level kommunizieren (als Lisa ihm damals von all ihrem Weltschmerz berichtet hatte, hatte Homer nur mit "Ride the Homey horsey" geanwortet, obwohl er verstehen wollte, aber nicht konnte) und dieser Konflikt setzt sich in S2 und 7F19 auf weit komplexerer Ebene fort.


    In ihrem Bestreben, ihrer Bezugsperson Mr. Bergstrom nahe zu sein und ihr normales Leben hinter sich zu lassen, liegt leider auch die finale Tragik. Im Verlauf der Folge distanziert sich Lisa mehr und mehr von ihrer Familie, da sie ihr "Glück" an anderer Stelle sieht und sucht (warum sollte sie Lisa Simpson mit Vater Homer sein, wenn sie Lisa Bergstrom mit "echtem" Bezugsvater sein könnte.) Das ist klar zu erkennen, z.B. als sie mit Marge im Keller argumentiert, das ihre Zuwendung zu Mr. Bergstrom von einer "besseren" Art ist als Marges Liebe zu Homer (worauf Marge sehr verärgert reagiert.)


    Lisa versucht sich auch von Bart und seinem Wahlkampf zu distanzieren und kommentiert eine von Barts Aktionen mit "You'll never go broke appealing to the lowest common denominator." (ein Satz der leider auf viele heutige OFF-Folgen zutrifft) worauf Mr. Bergstrom bemerkt, wie stark sich Lisa von ihren familiären Wurzeln distanzieren will und daher darauf hinweist, das sie Bart eines Tages als Bruder vermissen wird, wenn sie an anderen Orten sein wird. Diese kurze Szene ist extrem wichtig, denn später in der Folge wird eine andere Person (nämlich "Un-Vater" Homer) fast genau dieselben Worte wählen, wie ihre "Überbezugsperson" Mr. Bergstrom. Eine brillante emotionale Komplexität.


    Es kommt am Ende, wie es kommen muß - Lisa verliert Mr. Bergstrom (ein Vorgeschmack auf den konzeptionell ähnlichen Verlust von BGM) und muß in der exzellenten Bahnhofszene begreifen, das sie ihren "Übervater" falsch gewählt hat. Mr. Bergstrom offenbart sich ihr sogar in einer Form, in der er sich sonst keinem Schüler offenbaren würde, er bezeichnet sich selbst als Schwindler, der mal hier und mal dort ist und die "Form" annimmt, die gebraucht wird. Er sagt "That's the problem with being middle-class. Anybody who really cares will abandon you for those who need it more."


    Die Bahnsteigszene ist vielleicht eine der tiefsten emotionalen Momente der gesamten Serie (was für ein Unterschied zum dummen und oberflächlichen S1x-Krawall). Vermutlich haben viele Leute den Sinn des Zettels nicht verstanden oder sich nicht die Mühe gemacht, etwas "unlustiges" zu verstehen. Der Zettel gibt Lisa gerade das zurück, was sie verloren glaubte - ihre eigene Identität. Sie ist nicht allein. Sie ist nicht Lisa Bergstrom, die nun ohne Bezugsperson leben muß. Sie hat eine Familie. Sie hat eine Bezugsperson, an die sich nicht glauben wollte. You are Lisa Simpson.


    Lisa versteht die Botschaft allerdings noch nicht und ihre Furcht vor dem Alleinsein wandelt sich in Trauer und Wut und es gibt eigentlich nur eine Person, auf die diese Wut nun fokussiert wird. Man beachte, das ihre Wut erst ausbricht, als Marge beim Abendessen "Tell your father" zu ihr sagt und damit Homer meint, was zur berüchtigten "Baboon"-Szene führt. Ihre Wut ist aber derart leer und flüchtig, das darunter sofort die Traurigkeit durchbricht und sie weinend wegläuft.


    Die folgende Aussprache zwischen Homer und seiner Tochter wiederholt Teile der Konzepte, die ihr Mr. Bergstrom vermitteln wollte (er hatte ihre Tragik verstanden) und so wie sich ihr Mr. Bergstrom am Bahnhof als Schwindler offenbart hat, offenbart sich Homer nun als ihr Vater und Monkey Man (ein affiger Joke, den ich mal nicht kritisiere) der ihr zwar nicht intellektuell gleich ist, der aber immer emotional für sie da sein wird (man denke an das "wollen aber nicht können" aus 7G06) - zumindest bis ihn die Abdummung und Plättung von S1x zerstört. Es ist nicht ganz klar, wieso Lisa sich wieder Homer zuwendet, es mag an der Ähnlichkeit der Aussagen von ihm und Mr. Bergstrom liegen, vielleicht versteht sie am Ende, was der Zettel gemeint hat.


    Die Synchro ist in der DV ganz okay, Nobby und Frau Bohlmann sind deutlich besser als heute, aber doch sehr weit von der emotionalen Tiefe von Dan und Yeardley Smith weg. Hinter Sam Etic verbirgt sich natürlich Mr. Dustin Hoffman, die Folge referiert zum Teil ja auch deutlich auf "The Graduate", z.B. in der Szene als Edna Mr. Bergstrom verführen will und die Kamera den Blickwinkel durch ihr Bein zeigt. Der "Affenarsch" in Rabes Synchro fällt mir immer etwas negativ auf. Die US-Syndication ist mit 93 Sekunden *extrem* stark geschnitten, es fehlen essentielle Teile. Die Schlußszene der Ep (Homer spricht mit Marge) wird komplett in 8F03 "Bart The Murderer" wiederverwendet.


    Was gibt es noch zur Ep zu sagen? Ein Meisterwerk der Charaktertiefe und Handlungstechnik und damit ein totales Gegenteil zum "freakin´ funny" Mainstream heutiger Tage. Es ist erstaunlich, welch immenses Identifikationspotential mit den Charakteren in der Folge steckt und wie stark man sich doch in simpel gezeichnete und nur entfernt menschenähnlichen Figuren einfühlen kann und wieviel Inhalt und Tiefgang in nur 20 Minuten stecken können (da stinken manche Kinotrickproduktionen mächtig ab dagegen, trotz Big Budget und perfekter Animation.)


    7F19 ist auf jeden Fall die Art von Episode, die einen durchaus tiefer ansprechen können und nach denen man noch ärgerlicher über die heutige Degradierung der Serie ist. Und wer es lächerlich und bekloppt findet, sowas über einen simplen und damals noch echt "mies" gezeichnete Gaudi-Cartoon mit gelben Chaoten zu sagen, dem steht das frei. Ich hab längst nicht alles gesagt, was es über 7F19 zu sagen gibt, es ist IMO eine der besten Folgen überhaupt. Note A+.


    Kommentare sind natürlich sehr wilkommen.

    7F09 - Review


    IMO eine der besten Folgen aller Zeiten und eine geniale Satire über Gewalt in den Medien und deren Einfluß auf Kinder und Gesellschaft.


    Bereits die Anfangszene, als Homer von Maggie mit dem Hammer niedergeschlagen wird, ist eine ultrageniale und sehr detaillierte Parodie auf die Duschszene aus Psycho und - völlig im Gegensatz zu modernen Humer-Quälereien - von absoluter Relevanz für die Handlung. Es setzt die Handlung quasi in Bewegung und ist ein wichtiges Element für die Dynamik der gesamten Satire.


    Die Episode schafft es während ihrer ganzen Laufzeit stets unklar über ihre Aussage und ihre Moral zu bleiben. Es wird keine Schwarz/Weiß-Malerei zum Thema Mediengewalt betrieben, sondern das Problem wird bis zum Schluß mit einer derartigen Unklarheit behandelt, das die Folge am Ende keine Lösung sondern nur denkanregendes Material für weitere Diskussion bietet - die Unklarheit und die Subtilität der Aussage ist ein deutlicher Schritt weg von der Holzhammer-Moral die S1 noch hatte.


    In S1 hätte die Moral vermutlich zu direkt gelautet "Gewalt in den Medien ist schlecht" mit zuwenig Spielraum für persönliche Gedanken, während die subtilere Moral in S2 eher in Richtung "Gewalt in den Medien ist ein Problem mit vielen Facetten. Denkt darüber nach" geht. Sehr viel besser, aber später leider nur selten wieder in dieser Hochform erreicht.


    Während Maggie sehr deutlich von den Cartoons zu Gewalt inspiriert wurde, scheinen Bart und Lisa den I&S-Szenen eher mit kindlicher Unschuld (oder Abstumpfung?) gegenüber zu sitzen, weshalb sie nicht in der Lage sind, Marges Argumentation zu folgen, sondern eigene schlüssige Gegenargumente finden, wie etwas Lisas "But Mom, if you take our cartoons away, we'll grow up without a sense of humor and be robots." (Bart: "Really? What kind of robots?"). Wer ist im Recht? Bereits hier greift die subtile Unklarheit der Moralität der Folge und es wird klar das Marge das sehr komplexe Problem aus einem zu einfachen Blickwinkel betrachtet (und daher versagen wird.)


    Der Fernsehauftritt von Marge ist ein klassisches und brillantes Beispiel für satirischen Dialoghumor der aus der Absurdität der Aussage entsteht - und nicht aus simplen visuellen Gags für die Massen.


    Kent, der (als Vertreter der Medien) eigentlich objektiv sein sollte, bezeichnet Marges Protest gleich am Anfang der Sendung als "stupid question" und läßt sich von Roger Meyers jr. mit Aussagen wie etwa dem unsinnigen Vergleich zwischen Cartoons und den Kreuzzügen und dem "unglaublichen Fakt" das es auf der Welt schon lange vor Trickfilmen Gewalt gab, überzeugen. Dr. Monroes Auftritt und sein völlig belangloses Gerede scheinen mir eine Anspielung darauf zu sein, das sich auch Psychologen über die Wirkung von Gewalt in den Medien unklar sind.


    Wir haben hier das gleiche Konzept wie z.B. beim "Schauspieler als Charles Darwin" der in 7F01 die Menschen mit einer für den normalen Menschenverstand surrealen Aussage überzeugt - eine satirisch überzeichnete Realität die ihren Humor aus der gesellschaftlichen Akzeptanz des Absurden bezieht.


    Die lächerlich entschärfte lahme I&S-Version und die erneut überzeichnete Realität der "braven" Kinder die zu den Klängen von Beethovens 6. Symphonie ihre Fernseher abschalten und mit verkniffenen Augen nach draußen laufen und "befreit von Gewalt im TV" ihre Kindheit wiederfinden - all das hat *nicht* die Absicht einer ernsthaften Moral und es ist völlig klar das dieses Utopia nicht funktioniert, das es nicht funktionieren *kann* weil es auf Realitätsfremde und Vereinfachung des Problems aufbaut.


    S1 hätte unter Umständen mit dieser simplen Moral geschlossen (was ein Kritikpunkt wäre) aber in S2 wird nochmal nachgesetzt und Marge wird mit den "wackligen Beinen" ihres eigenen Kreuzzugs und ihrer Vereinfachung des Problems konfrontiert. Ist die Nacktheit von Michelangelos David nun Schmutz oder nur eine Form der künstlerischen Freiheit? Ist Gewalt im TV nun Schmutz oder auch wieder eine andere Form der künstlerischen Freiheit? Was ist Kunst, was ist Freiheit der Kunst, was ist Freiheit der Medien? Was ist richtig und falsch? Die Folge gibt keine konkrete Antwort.


    Dr. Monroe weist Marge auf die Probleme ihrer Überzeugung hin und sie ist nicht in der Lage eine echte Antwort zu finden und sagt "I guess one person can make a difference, but most of the time, they probably shouldn't." Ihre eigene moralische Absicht hat zwar versagt, bleibt aber als denkanregendes Konzept über das Ende der Folge hinaus wirksam.


    Das Ende der Folge ist im Kern pessimistisch, die Straßen sind verlassen, die Reste der "friedlichen Kindheit" liegen einsam im kalten Wind (symbolisch) und die Gewalt im TV ist zurück und wird entweder mit Unschuld oder aber mit Abstumpfung von den Kindern aufgenommen. Maggies Pfeilschuß auf Homers Bild ist die letzte Szene, die Stellung zur negativen Seite bezieht, alles weitere bleibt dem Zuschauer überlassen. Die letzte ruhige Szene zwischen Marge und Homer dämpft die dunklere Seite des Endes etwas ab und zeigt das die Integrität der Familie trotz der absurden Welt erhalten bleibt (<= wichtig.)


    Fazit: eine brillante und in ihrer Aussage subtil unklare Mediensatire, zu der man sicher noch weit mehr schreiben könnte (muß aber nicht sein). Ich hoffe nur das die deutsche Rabe-Fassung einen Großteil des OV-Inhaltes erhalten kann. IMO eine der besten Folgen aller Zeiten. Note A+

    7F04 - Review


    Hier nun ein *sehr* umfassendes Fasel-Review zum allseits beliebten Kult-Klassiker "Treehouse of Horror I".


    Als eine der ersten Folgen in der 2. Staffel Anno 1990 und als Begründer einer langen und zum größten Teil gelungenen THOH-Tradition verdient die Folge natürlich besondere Beachtung und kann auch heute trotz ihrer leiseren Jokes und des "altmodischen" Stils noch begeistern - IMO sogar weit mehr begeistern als manch platte und nur auf puren Blödsinn ausgelegte aktuelle Folge.


    Zum Einen funktioniert die Folge in ihrer Aufteilung in 3 Einzelgeschichten hervorragend. Die Rahmenhandlung mit den Kindern im Baumhaus ist sehr gut gemacht und hält an der Kontinuität der Serie fest und alle drei Teil-Episoden holen das Beste aus ihrer kurzen Laufzeit heraus und wirken nicht handlungsleer und aprupt zu Ende gebracht. Jede der Teilgeschichten befaßt sich mit einem anderen Genre (Geistergeschichte, Science-Fiction, Klassischer Grusel) und vermeidet es gekonnt, daß irgendein Familienmitglied die Handlung an sich reißt und die Geschichte dominiert. Während in der ersten Teil-Ep die ganze Familie in etwa gleichwertig involviert ist, fokussiert die zweite Episode zwar mehr auf Lisa und die dritte mehr auf Homer (in der Rolle des Poe-Protagonisten) aber keiner der Charaktere dominiert eine Geschichte in störender Weise.


    Die erste Teil-Ep ist als Parodie auf die Poltergeist- und Amityville-Filme unterhaltsam und düster- gruselig zugleich (ein Großteil der Messer/Axt-Szenen wurde übrigends von Sky aus der britischen Fassung herausgeschnitten, da es den Zensoren zu gewalttätig erschien.) Das unerwartete Ende in dem sich das "böse" Haus selbst zerstört um nicht mit den Simpsons leben zu müssen, ist brilliant, speziell Lisa´s genialer Kommentar "One can´t help but I feel a little rejected."


    Die zweite Ep befaßt sich mit dem SciFi-Genre und führt Kang und Kodos in die Serie ein. Einige sehr gute subtile und leisere Jokes ("Your wife is quite a dish", Pong-Spiel, Blickwinkel mit den Köpfen auf den Tellern) und die nach vor geniale "How to cook for Forty Humans" zeichnen diesen Teil aus, ebenso der unerwartete Schluß der jede vorherige Vermutung über den schlechten Charakter der Außerirdischen völlig auf den Kopf stellt.


    Das absolute Highlight der Folge ist natürlich "Der Rabe" der der Folge wirklich das Kultklassiker-Potential verschafft. Im Deutschen zwar auch recht gut übersetzt aber müde vorgetragen, im Englischen jedoch (speziell im Dunkeln bei voller Lautstärke) einfach nur brilliant, sowohl bezüglich Text als auch bezüglich Atmosphäre und Ausdruck - es gibt nur sehr wenige Folgen in denen Homer in seiner Wut und Trauer eine solche Gefühlstiefe erreicht. Ein derartig düsteres und symbolhaftes Gedicht über die Dunkelheit und die Abgründe der Seele in einer unterhaltsamen Zeichentrickserie zu bringen war auch eine interessante Idee der damaligen Autoren und speziell durch den Bart-Raben und das gut plazierte "Eat my Shorts" wird das Gedicht aufgelockert ohne jedoch seine Düsternis wirklich zu verlieren. Ein zeitloses Meisterwerk von Sam Simon und Edgar Allan Poe.


    Man darf auch die Rahmenhandlung nicht übersehen, die damit beginnt daß der verkleidete kindliche Homer von einer Halloween-Tour zurückkommt und sich mit den Worten "I love Halloween" über seine Ausbeute freut. Im Laufe der Handlung wandelt sich seine Freude jedoch in Angst und während die Kinder am Schluß problemlos einschlafen, ist Homer von den Geschichten derartig verängstigt daß er nicht ohne Licht schlafen möchte und die Episode mit den Worten "I hate Halloween" beendet, was seinen normalen Charakter wunderbar wiedergibt. Marges Satz "They are just children´s stories. They can´t hurt you" ist ein gutes Beispiel für ihre Mutter-Rolle gegenüber dem großen Kind Homer, der als Erwachsener nun mehr Angst hat als die eigenen Kinder.


    Die Animation der Folge war natürlich noch im Staffel-2-Stil, hatte aber trotzdem einige sehr schöne Highlights wie z.B. die Selbstzerstörung des Hauses oder die Farbgebung an Bord des Raumschiffs und natürlich auch die symbolhafte Darstellung von Licht und Schatten in der Poe-Episode. Kang und Kodos sahen hier auf jeden Fall besser aus als das detaillose Gekritzel in THOH X (eine Folge die die beiden noch dazu als dumme Clowns benutzt.)


    Fazit: zu der Zeit von THOH I lief die Serie noch nicht einmal ein Jahr und war noch immer dabei ihren wahren Stil zu finden, wobei diese Folge einen Meilenstein in diesen Bemühungen darstellt. Geniale Handlung, Charakterisierung und Strukturierung, die in einigen Belangen in dieser Form nie wieder erreicht wurden. Die Folge ist auf jeden Fall ein Meisterwerk in allen Kriterien und es ist traurig sie mit einigen der heutigen oberflächlichen "Machwerke" zu vergleichen. Die Simpsons haben damals ihren wahren intelligenten Stil gefunden und damals glaubte vermutlich auch niemand, daß sie ihn für ein paar billige Jokes und Cartoon-Gags wieder verlieren würde.

    7F01 - Review


    Hier ein Review zur IMO zweitbesten Politsatire, 7F01 "Two Cars in Every Garage and Three Eyes on Every Fish" (nur "Sideshow Bob Roberts" aus S6 ist besser.)


    Im Folgenden nur eine kurze Betrachtung einiger Aspekte der Folge, eine detaillierte Betrachtung wäre weit umfassender, da es in der Folge sehr viele satirische Elemente und Szenen gibt. Die Ep fällt auch durch viele Referenzen zu "Citizen Kane" auf. Weitere Kommentare sind natürlich wie immer willkommen.


    7F01 ist eine Folge, bei der man die Charaktere durchaus stärker als klare Manifestationen von Ideologien betrachten sollte, um interpretatorisch voran zu kommen. Das heißt nicht, das es immer sein muß, es gab vor allem in S2-Episoden oft eine astreine Balance zwischen Ideologie/Persönlichkeit (ich schließe mich also nicht der Subversionsbuch-Theorie an.)


    Die Folge zeigt IMO besonders gut, das die Serie ihre wahre Klasse nicht durch dumpfen visuellen Unfug nach S1x-Cartoonregel 08/15 erreichen kann, sondern durch eine brillante Darstellung der sozialen Akzeptanz satirischer Absurdität *und* durch eine gut ausbalancierte Abstrahierung der Realität.


    Sehen wir uns die Konzepte der Episode einmal genauer an.


    Die soziale Akzeptanz von Absurdität zeigt sich vielleicht am deutlichsten in Montys TV-Wahlwerbung im Fernsehen. Bereits am Anfang zieht er - für alle laut hörbar - über seine Wähler her ("By the time this paid political announcement is done, every Johnny Lunchpail in this whole stupid state will be eating out of my hands") und doch ist dieser arg grobe Ausrutscher am Ende des Spots bereits wieder von den Wählern vergessen. Sein Gespräch mit einem "actor portraying Charles Darwin" ist ein kleines Meisterstück der Dialogsatire und wird trotz (oder gar wegen?) der offensichtlichen Sinnleere von vielen Wählern begeistert aufgenommen.


    Burns ist zwar aktiver Auslöser, wird aber im Laufe der Handlung zu einer passiven Schachfigur im Spiel seines Wahlkampfteams, deutlich in seinen ständig wiederholten Phrasen wie z.B. "bureaucrats in the state capital". Er sagt das, was Wähler hören wollen *und* er sagt das, was ihm sein Team zum sprechen vorbereitet hat. Und es funktioniert, die Wähler folgen seinen Phrasen. Mary Bailey sagt "My worthy opponent thinks that the voters of this state are gullible fools. I, however, prefer to rely on their intelligence and good judgement", worauf ein Reporter erstaunt "Interesting strategy" erwidert.


    Der Titel "Two Cars in Every Garage..." bezieht sich auf einen Wohlstandsslogan der 50er Jahre und ist im Kontext zur Handlung auch als Ironie zu betrachten. Die Wähler sind selbstverständlich auf Wohlstand (und Einfachheit) aus, und darauf, das die Dinge so bleiben, wie sie sind. Und wenn zwei Autos in der Garage stehen und der Wohlstand stimmt, dann kümmert es nicht, ob Fische drei Augen haben. Monty geht es aber nicht um Wohlstand für andere, ihm geht es nur um Wohlstand für sich selbst.


    Die Abstrahierung zeigt sich besonders deutlich in der zugrundeliegenden Absurdität der gesamten Situation - Burns hat keinerlei politisches Programm neben seinen standardisierten Phrasen, es wird niemals eine Partei erwähnt, selbstverständlich bleibt sogar die Identität des Staates, in dem er Gouverneur werden will, völlig unklar. Die Folge ist bei tieferer Betrachtung also weniger ein Spiegelbild eines realen Wahlkampfes, sondern eine satirische Abstrahierung desselben.


    Die überzogen wirkende Naivität der Wähler gegenüber leeren Phrasen und Manipulation (durch Medien und Beratungsteams) und das allgemeine "Nichterkennen" von Montys wahren egoistischen Intentionen, sowie Marges und Lisas durchaus stilisierte Aufgabe als "Gegenpol" und viele weitere Details sind im Grunde klassische Beispiele für eine satirisch abstrahierte Realität, die trotzdem genug Balance zur wahren Realität hat (Wiedererkennungswert) um ihre konkrete Wirkung zu erzielen.


    Wir können sagen "Die Folge ist zwar deutlich abstrahiert, aber sie reflektiert Realität bzw. wirkt in ihrer Abstrahierung nicht als Verzerrung, sondern als satirische Betonung."


    Am Ende versagt das von den Wahlkampfstrategen aufgebaute "Konstrukt" Gouverneur Burns und die Schachfigur Burns wird vom Team desinteressiert fallengelassen, was ihn aus seiner passiven Rolle wieder zurück in eine zwar aktive, aber auch verzweifelte Position bringt. "You can´t do this to me. I am Charles Montgomery Burns..." Nachdem die Fassade vom freundlichen Gouverneur des kleinen Mannes gefallen ist, zeigt sich am Ende (ohne Team und Strategen) seine wahre Sicht der Dinge.


    "This anonymous clan of slack-jawed troglodytes has cost me the election, and yet if I were to have them killed, I would be the one to go to jail. That's democracy for you."


    Die Folge zeigt auch deutlich die Beständigkeit klassischer Satire der Serie - die Gültigkeit der Folge ist heute genauso hoch und ihre Aussage genauso klar wie 1990 und sie wird auch in 20 Jahren noch als satirische Betrachtung von Wahlen und Wahlverhalten herausragend sein. Das ist ein klarer Unterschied zur popkulturellen "was-jetzt-lustig-ist"-Orientierung von S1x. Eine Satire über Leben und Gesellschaft hat Bestand, eine kewle N´Sync-Glorifizierung nicht.


    Ich habe die Folge lange nicht mehr auf Deutsch gesehen, daher kann ich zur Synchro jetzt nicht viel sagen. Keine groben IVARs, dafür etwas Eindeutschung von Meister Rabe, würde ich mal tippen.


    In diesem auffallend kurzen Review wurden jetzt (teilweise wohl absichtlich) nur einige Aspekte gestreift, weitere Meinungen und Kommentare zur Folge wären daher interessant. Auf jeden Fall eine Folge aus der großen Zeit der Serie und sicher Lichtjahre über dem Niveau von S1x. Note A+.

    7G12 - Review


    Heute mal was zu S1 und zwar zu Superklassiker 7G12 "Krusty Gets Busted".


    Die Folge enthält sehr viele Referenzen, etwa zu Themen wie dem Black-Sox-Skandal ("Say it ain´t so, Krusty") oder auch "The Prisoner" und noch vieles mehr, aber ich will mich nicht mit der Detektivstory mit Bart und Lisa und dem offensichtlichen Humor beschäftigen (der dazu beiträgt, das die Folge auch bei jüngeren Zuschauern Zuspruch findet) sondern mit den tiefergehenden, satirischen Konzepten, die für S1-Verhältnisse von einer ausgesprochen hohen Komplexität sind.


    Die Episode enthält Lisas berühmten Satz "If cartoons were meant for adults, they'd put them on in prime time" und diese Selbstironie und den Anspruch für ältere Zuschauer sehen wir uns mal an.


    [Warnung: über 2 1/2 Seiten Gefasel - ist sehr viel geworden]


    Die Folge hat IMO zwei tiefergehende Konzepte:


    - den sozialen Kommentar (Mob-Mentalität, Medienhetze)
    - den medienkritischen Kommentar (Unterhaltungsniveau, Zuschauerverhalten)


    wovon letzterer vielleicht sogar der komplexere (aber auch verstecktere) Inhalt der Folge ist. Sehen wir uns die beiden subtilen Handlungslinien hinter der Geschichte einmal näher an.


    I. Der soziale Kommentar


    Der soziale Kommentar bezieht sich auf die (von mir bereits in anderen Threads erwähnten) Themen der Mob-Mentalität und der Medienhetze bzw. Medienausnutzung von Vorfällen. Die gesamte Stadt ist sofort und automatisch mediengesteuert gegen Krusty, der Reverend - bzw. symbolisch die Kirche als Institution - ruft sogar zu einem "public burning" von Spielsachen auf einem Scheiterhaufen auf (da es Spielsachen sind, brennen sie natürlich sofort und erzeugen giftige Dämpfe <= Satire in Satire).


    Es ist eine Darstellung der Bürger der Stadt als gesichtslose, konforme Mob-Masse (der Satz ist sehr wichtig, wir sollten ihn uns merken, ich werde später darauf zurückkommen) die sich von Kirche und Medien die Meinung diktieren läßt und zu bequem ist, selbst zu denken, sondern sich nur der Gruppe (dem "flow" <= merken) anschließt. Symptomatisch ist Homers Satz, als ihn Bart bittet, das er nicht dem Mob folgen soll und Homer entgegnet "No I'm not, I'm hopping on the bandwagon! Now come on, son, get with the winning team!" Homer folgt der Masse, aber er erkennt es nicht einmal. Das ist große Satire, zumal 7G12 nicht nur das Verhalten zeigt, sondern auch die Wurzeln des Verhaltens.


    Außerdem stützt sich das Konzept des sozialen Kommentars auch auf das Verhalten des Fernsehens (die Übergänge zu Konzept II sind hier aber eher fließend) das die "Tragödie" um Krusty für sich und für Werbung ausnutzt. Krusty wird von den Medien nicht nur sofort als schuldig abgestempelt, sein Schicksal ist auch gleich der Aufhänger für Werbung, man denke an Scott Christian, der sofort den Kanal mies macht, auf dem Krusty läuft oder an die Waffenwerbung "357 Magnum: The Clown Stopper".


    Krustys Analphabetismus schließlich ist noch ein Kommentar zur sozialen Ausgrenzung und zu einer Problematik, die gerne übersehen wird (die große Zahl Analphabeten in Industrienationen) aber es ist auch ein wichtiger Aspekt für Konzept II, zu dem ich noch sehr detailliert kommen werde.


    II. Der medienkritische Kommentar


    Im Gegensatz zu den sozialen Fragen beziehe ich Konzept II zum Großteil auf Fragen des Niveaus in der Unterhaltung bzw. Kinderunterhaltung und auch auf das Zuschauerverhalten, denn letzteres führt uns im großen, subtilen Gesamtbild der Folge schließlich auch zu den Gründen des Mob-Verhaltens der Erwachsenen in Konzept I. Beide Konzepte, beide Satiren der Folge, sind in sich verschachtelt und ergänzend. Das ist wahre Autorenarbeit der klassischen Jahre, das ist es was OFF mal war.


    Die wichtige Frage (und etwas, das normale Zuschauer gerne übersehen) ist doch "War Bob schlecht für die Zuschauer von Krustys Sendung oder war Bob gut für die Zuschauer von Krustys Sendung?" Hat denn Bob als klassischer Serienbösewicht die Sendung nur ruiniert, alle Zuschauer enttäuscht und Krustys Idee von Kinderunterhaltung (aka Erziehung) zerstört? Hat er?


    Sehen wir uns den Anfang dieser Folge an, als Krusty zum ersten Mal auf dem Bildschirm auftaucht und einen berüchtigten Dialog mit der (synchron antwortenden) Masse der Kinder führt, der damit endet, das Krusty fragt "What would you do if I went off the air?" und die Masse antwortet "We'd kill ourselves." Im Folgenden geht es um den Geburtstag eines Mädchens und wieder antworten die Zuschauer synchron, das sie alle "the cannon, the cannon" (sinnlose Gewalt gegen Bob) wollen. In einer äußerst gemeinen Rückblende mit Krustys Herzinfarkt - Kent nennt es "one of television's best-loved bloopers" und lacht selbst - wird Krustys "I´m dying" mit lautem Massengelächter beantwortet.


    Weiter im Text. Wir sehen eine äußerst symptomatische und für die Handlung symbolisch tragende Szene, als Kent in der Rückblende sagt, das sich Krusty nach seiner Genesung verändert hatte: "this 'new' Krusty devoted a small portion of every show to stamping out illiteracy in today's anything-for-a-thrill youth." Wir sehen Sideshow Bob, der im Hintergrund "Catcher in the Rye" hält und wir sehen Krusty, der im Vordergrund ein Buch verkehrt herum hält. Es hatte sich nicht wirklich etwas an der Sendung geändert, die "small portion" hatte wenig Bedeutung, da Krusty mit diesen Büchern nichts anfangen kann (verkehrt herum) und der Intellekt (Bob) symbolisch weiter im Hintergrund bleibt.


    Als Bob die Sendung übernimmt, ändert sich plötzlich sehr vieles - Bob liest klassische Romane für die Kinder, er singt Cole Porter, er spricht über Stoizismus und Philosophie und andere Themen, wir hören Mozart-Musik als Titelmelodie. Es ist nun plötzlich Intellekt und Kultur in der Sendung, sicher auch ein Hauch Individualismus mehr als zuvor. Das die jungen Zuschauer einer Clown-Show diesen radikalen Stilwechsel akzeptieren, ist sicher surreal und ein Teil der satirisch überzeichneten Realität, aber es ist IMO wichtig für das Gesamtkonzept.


    Für Krusty waren die Zuschauer eine gesichtslose, konforme Kindermasse (<= da haben wir den Satz wieder) die auf seine Sätze und seine Aktionen nach festem Schema geantwortet haben, ja, die selbst dann noch gejubelt und gelacht haben, als Krusty beinahe auf der Bühne gestorben wäre. Auch nach Bobs Übernahme der Sendung ist dieses feste Schema "konditioniert", auch auf Bobs Sätze wird mit der üblichen Reaktion geantwortet und selbst Lisa bittet Bart arg uncharakteristisch "Come on, Bart, go with the flow" (der "flow" bei den Kindern in Bobs Zuschauerreihen ist der selbe "flow" dem die Erwachsenen folgen, wenn sie z.B. die Spielsachen vor der Kirche verbrennen, es ist ein Thema) und schließt sich der Masse an. Und genau hier bei diesen Kindern sehen wir IMO auch die Wurzel für die Mob-Mentalität der Erwachsenen in der ersten Hälfte der Folge (<= genial).


    Die Folge hat nun eine sehr wichtige Szene, die viele Leute übersehen. Bob entdeckt Bart zwischen den Kindern und sagt, er sieht eine traurigen Jungen und geht zu ihm, er wendet sich dem Individuum in der Masse zu (was er noch bitter bereuen wird ;-)). Ob er sich Bart nur deshalb zuwendet, weil er eben nicht konform in die Jubelmasse passt oder ob er sich ihm aus ernsthaften Absichten zuwendet, sei mal dahingestellt, da Bob auf ein anstehendes Thema "präpubertäre Verklemmungen" seiner Sendung hinweist, scheint ihm die Akzeptanz des Individuums weit ernster zu sein als Krusty. Der Erzbösewicht der Serie tut hier etwas, das absolut positiv ist (eine astreine Autorenarbeit.)


    Um endlich zum Ende zu kommen: die Folge ist sehr indifferent über die Schuldfrage und daher weit weg von einer typischen schwarz/weiß-Darstellung (obwohl all die Szenen mit Bobs Gelächter und Spott über Krusty doch dazu dienen, ihn zumindest auf den ersten Blick auf die negative Seite zu stellen.) Bob hatte eigentlich gute Absichten, nur seine kriminellen Wege waren falsch. Krusty hat nun gewonnen, aber haben seine Zuschauer gewonnnen? Ich denke, sowohl Bob als auch Krusty sind in der Folge Opfer und Täter zugleich. Bob sagt am Schluß noch einen wichtigen Satz, um all seine primär guten Absichten aufzuzeigen:


    "Treat kids like equals! They're people too! They're smarter than you think!" <= Plädoyer für Bildung und Individualimus


    Hier nochmal die indifferente Rollenverteilung von Gut (?) und Böse (?):


    Krusty (Täter): Betrachtung der Kinder als Masse, konforme Unterhaltung/Erziehung
    Krusty (Opfer): Opfer von Bobs Plänen, Opfer der Medien/der Gesellschaft
    Bob (Täter): Kriminelle Wege, um sein Ziel zu erreichen
    Bob (Opfer): Opfer von Krustys Unfug, Opfer von sinnleerer Unterhaltung


    In den folgenden beiden Bob-Eps wurde Bob zum geradlinigeren Bösewicht, die Ambivalenz seines Charakters, die wir in 7G12 hatten, verschwand. Erst in "Sideshow Bob Roberts" sehen wir sie in Ansätzen wieder, die gesamte Konzeptbreite einer 7G12 sehen wir in S6 aber nicht mehr, der große Traum der ersten Jahre war auch dort schon vorbei.


    Die deutsche Synchro ist für S1-Verhältnisse ganz akzeptabel, ein paar seltsame Rabe-Sätze sind sicher drin, Apu hatte einen obskuren John-Wayne-Sprecher ohne jeden Akzent. Bob hieß damals noch Sideshow Bob und wurde von Randolf Kronberg gesprochen, der doch der bessere deutsche Bob war (von seinem "Idschii und Graatschi" in der Ep mal abgesehen). Am besten ist natürlich wie immer die OV, alle Referenzen sind dann klarer und kein Bob ist so cool wie Kelsey Grammer.


    Fazit: eine brillante Folge mit verschachtelter Satire, astreiner Autorenarbeit und sehr viel mehr tiefen Konzepten und Referenzen als man auf den ersten Blick erkennt. Kinder sehen sich die Folge wegen der Detektiv-Story an, Erwachsene wegen der vielen Inhalte und sozialen Kommentare. Those were the days. Sehr schöne Ambivalenz bezüglich Bob und der Frage, ob seine Aktionen im Resultat gut oder schlecht waren und Kommentar zu Mob-Mentalität, Massenkonformität und deren Wurzeln. In einer Staffel wie S1 (die oft zu direkt war) ein herausragendes Meisterwerk. Note A+.


    Kommentare sind willkommen.


    P.S. Kritik am Schluß: Bob hätte sich eigentlich nie als Krusty verkleiden können. Wo hätte er die Haare versteckt? Wieso spricht er mit Krustys Stimme? Wizard did it. Der Rest gleicht das aus.

    7G05 - Review


    Die Folge wurde am 04.02.1990 zum ersten Mal bei FOX ausgestrahlt, geschrieben wurde sie von John Swartzwelder, dem wohl aktivsten OFF- Autor (dessen Name leider in neueren Staffeln nicht mehr nur für Qualität steht.)


    In 7G05 sehen wir bereits deutliche Verbesserungen der Animation im Vergleich zu 7G02 "Bart The Genius" und auch der Folgenstil selbst bewegt sich langsam von den Shorts weg, trotzdem hat 7G05 noch diverse Probleme im Ablauf. In der Folge sehen wir Grampas ersten Auftritt in der Serie (in den Shorts war er natürlich schon zu sehen) und ein recht frühes Beispiel von Meta-Humor, Grampa beschwert sich über die Benutzung des Wortes "family jewels" im Fernsehen und Homer hatte es zuvor noch benutzt.


    Im Detail fallen diverse Filmreferenzen auf, z.B. auf "Patton" und "Full Metal Jacket", die Szene in der ein Junge Lisa küsst, bezieht sich auf das bekannte Foto vom Times Square, New York 1945. Herman klingt in der OV wie George Bush sr., was einem in der DV natürlich entgeht. Klassischer Satz aus der Folge "I thought I was too old. I thought my time had passed. I thought I'd never hear the screams of pain, or see the look of terror in a man's eyes. Thank heaven for children." Auf der britischen S1-VHS wird sogar noch vor "deranged political viewpoints" in der Ep "gewarnt" ;-).


    Sehen wir uns die Folgen gestern, heute und morgen an, so fällt auf, das es drei sehr unterschiedliche Stile sind. War "No Disgrace" noch eher dem Short-Stil zugewandt (und mehr eine Langfassung von Short MG47 "Family Therapy") so wird die morgige "Moaning Lisa" die erste Charakter-bezogene Folge sein, die sogar einen unabhängigen Subplot haben wird. Die heutige Folge steht als Trennlinie dazwischen. Man beachte den nach wie vor mangelnden Grundriss des OFF-Hauses, etwa die rosa Rundbögen im Hintergrund bei der Sandsack-Szene.


    Der Schluß mit Barts "Ansprache" stellt sich als Parodie auf die aus Sitcoms bekannten Lektionen dar, zeigte also bereits den später sehr erfolgreichen "ironic twist" des OFF-Stils. Die Bezeichnung des zweiten Weltkriegs als "good war" läßt sich so erklären, das ein Krieg, den Amerika gewinnt, wohl auch automatisch ein guter Krieg sein muß. Meh. Peace, man.


    Ich habe die rabisierte Fassung lange nicht mehr gesehen, sie ist aber wohl nicht besonders gut. In S1 hatte Rabe nach wie vor die zu starke Tendenz, Dialoge komplett zu ändern und seiner Idee von der Art der Serie anzupassen. Ist das nicht auch die Folge, wo Rabe diesen seltsam klingenden Sprecher für Nelson verwendet? Ich empfehle hier unbedingt die OV oder den Vergleich DV/OV mit der DVD. Bei S1 ist die OV schon allein deswegen interessant, um die Entwicklung der Stimmen zu verfolgen.

    Hallo


    Ich weiß nicht, ob ihr meine alten Fanskripte schon kennt (ich hab schon lange nix mehr geschrieben) - falls nicht, habe ich hier mal dir URLs zu den 8 besten Arbeiten zusammengestellt. Eine eigene OFF-Webseite hab ich momentan gar nicht, die Dateien liegen nur so rum, daher direkte Links.


    Ist alles schon etwas älter, Rechtschreibung und Satzzeichen sind da sicherlich nicht immer astrein. Es sind Works-rtf-Dateien, kann also sein, daß die Zeilen auf neueren Programmen etwas verzogen sind. Es sollte aber generell mehr oder weniger lesbar sein.


    Die folgenden URLS verweisen auf die Skripte Bart Wars 1 + 2, Peace in Our Town, Day of Confusion, The Persistence of Lisa S. (würde ich als mein bestes Skript betrachten), Homer´s Divine Comedy und den 3. und 4. Teil von Bart Wars.


    Bart Wars (1)
    Bart Wars (2)
    Peace in our Town
    Day of Confusion
    The Persistence of Lisa S.
    Homers Divine Comedy
    Bart Wars (3)
    Bart Wars (4)


    Viel Spaß. Kommentare sind immer willkommen.


    Chris


    Anmerkung von mir (Manuel): Ich habe die Skripte auf den NeSp Server gelegt und dahingehend die Links verändert