Grundsätzlich wirkt das Ganze auch auf mich sehr pessimistisch und rückwärts gedreht.
zu deinem letzten Beitrag. Leider sehe ich keinen link zu dem von dir angemerkten Beitrag. "get a life" zitierst du da, nicht "get this life". D.h. dieser Satz impliziert für mich noch kein bestimmtes Leben. Man könnte den Satz daher sogar pro-individualistisch lesen im Sinne, dass man ein Leben führen solle, egal wie. Wenn jemand den ganzen Tag nur auf der Couch liegen will, dann ist das ja auch "a life". Und immer dem sog. mainstream herlaufen, ist auch "a life" (Wobei 'mainstream' aus meiner Sicht auch eher ein Kunstwort ist, von dem ich noch keine glaubhafte Definition kenne).
Deine Kritik geht auch aus meiner Sicht von noch zu bestimmenden Grundsätzen aus. Was ist zum Beispiel Webdemokratie? Schon begrifflich kann das nie eine Demokratie im politischen Sinne sein. Was wird also demokratisiert? Aber vor allem der Begriff 'web' bedeutet doch schon eine Barriere. Denn nur wer im web ist (egal, mit welchem PC-System), kann auch webdemokratisch sein. Aber wem will man diese Hürde anlasten? Dem technischen Forschritt (wieder sowas Abstraktes)? Der verloren gegangenen Individualität? Müsstest du nicht streng genommen die Kritik vorher ansetzen, nämlich dass webdemokratie Zugang zum web vorausetzt. Das würde aber nach sich ziehen, dass du den Begriff webdemokratie trennscharf definierst bzw. v.a. was das demokratische an ihm ist. Doch es ist für mich nicht erkennbar, dass du die Grenze deiner Kritik vorverlagerst in den 'non-web'-Bereich, sondern sie verbleibt innerhalb des technischen Systems "Internet".
Auf den ersten Blick bleibst du dir auch mit vhs und digitalen Produkten (DVD, HD etc.) treu. Doch sind diese Dinge eben nur auf den ersten Blick "Filmmedien" - technisch unterscheiden sie sich enorm. Eins ist analog, die anderen eben digital. Wie auch beim Zugang zur webdemokratie liegen hier die Grenzen nicht innerhalb des Systems sondern außerhalb, da man völlig verschiedene Verarbeitungsgeräte benötigt.
Während du also bei der webdemokratie mit deiner Kritik im System verbleibst (und den aus meiner Sicht logischeren Schritt an die Systemgrenze verweigerst), äußert sich deine analog/digital-Kritik sich aber systemübergreifend.
Das Thema finde ich durchaus spannend, nur darf es nicht in allgemeiner Fundamentalkritik stecken bleiben, bei dem du - je nach Belieben - die Grenzen deiner Kritik variabel gestaltest.
Ich bin übrigens auch nicht vollends davon überzeugt, dass du kulturpessimistisch (wie definierst du das?) bist, sondern zum großen Teil ist es einfach nur das nostalgische Erinnern an eine wie auch immer geartete Vergangenheit. Und auch hier - du bleibst dir quasi treu - verschiebst du die zeitlichen Grenzen bis zur Beliebigkeit (oder deinen eigenen Vorlieben?). Buster Keaton und DOS? VHS und Röhrenradio? Der Einwand, dass es sich hierbei um verschiedene, im Grunde unvergleichbare 'Systeme' handelt, kommt natürlich zurecht aber umgekehrt musst du nachweisen, dass du nicht aus Nostalgie (von der du dich ja absetzen möchtest) die Themen auswählst sondern aus quasi wissenschaftlichem (oder eben kulturpessimistischem) Ansatz.
Und den nächsten Widerspruch baust du dir ja auch mit deinem Beispiel Simpsons Schreibstil/Inhalt selbst auf. Der Inhalt einer vhs kann bei schlechter Qualität tatsächlich sehr gut sein, aber (den Widerspruch von weiter oben mal ignorierend) heißt das ja nicht gleichzeitig, dass eine hochwertiges digitales Medium nicht auch hochwertigen Inhalt bieten kann. Das aber lese ich aus deinen Ausführungen heraus.
Zur Medienkritik kann ich nicht viel beitragen, nur das ich auch hier die Gefahr einer Beliebigkeit sehe. Denn auch frühere technische Fortschritte (egal ob Videosysteme oder Röhrenradios) wurden ja werbemäßig als "Sprünge in eine neue Zeit" gepriesen, womit das alte museumsreif würde. Wo liegt also die "reine Lehre", von der man sagen kann, dass sie das Individuelle nicht beschnitten hat? Ich vermute, es wird schwer dies zu finden, ohne eingestehen zu müssen, dass man diesen Zeitpunkt nicht findet. Gleichzeitig setzt eine derartige Kritik sich dem Problem aus, dass man mit Hinweis auf fehlende Individualität dem Einzelnen gleichsam "Vorschriften" macht, was er nicht soll, nämlich den Fortschritt mitgehen. Gleichsam wie Mediamarkt und Co. den Fortschritt preisen, preist du ein Innehalten (und ggf. Zurückgehen). Das klingt bei dir aber weniger wie ein Angebot, als vielmehr ein Muss (sicher wissenschaftlicher verpackt als beim Elektronikhändler).
Ob die von mir skizzierten Widersprüche überhaupt lösbar sind, wage ich zu bezweifeln. Da du aber einen hohen Anspruch an dich wie an deine Umwelt hast, solltest du sie zumindest thematisieren können.