The Muppet Show Season 1

  • Ein Beitrag aus meinem Blog, vielleicht ja auch hier von Interesse:


    Nun muß ich ausgerechnet eine gepflegte Schnickschnackscheiberei loben, die ich zu Weihnachten bekommen habe. Sie kam auffallend spät auf den deutschen Markt, aber sie kam doch noch: The Muppet Show, komplette Staffel 1 von 1976 mit allen 24 Folgen.


    Ich hatte nicht mehr allzu detaillierte Erinnerungen an die Sendung, die seinerzeit immer nachmittags im ZDF in der deutschen Version lief. Um so positiver war ich nun überrascht, gerade schon in der ersten Staffel soviele wirklich gelungene Szenen, Gags und kreative Ideen zu finden. Und so bemüht die deutsche Übersetzung war, an Originalton und die stimmlichen Talente und Charakterisierungen von Sprechern wie Jim Henson und Frank Oz kommt sie nicht im geringsten heran. Wo das Original etliche Wortspiele, Dialekte, Akzente und stimmliche Charakterfacetten aufweist, bleibt die Synchro bei einigen Stichproben doch recht bieder hochdeutsch und bisweilen arg kalauernd.


    Besonders lobenswert sind natürlich die Gaststars, die bereits in der ersten Staffel dabei waren. In späteren Jahren, als die Show ein Quotenhit wurde, haben sich die Promis natürlich um Auftritte für Eigenwerbung gerissen, aber 1976 waren die Chancen dieser in England produzierten Serie noch sehr unklar, gerade was die US-Quote betrifft. So wurden viele Szenen tatsächlich nur für den britischen Markt produziert und waren nie im US-Fernsehen zu sehen. Trotzdem fanden sich auch am Anfang schon einige Berühmtheiten wie Vincent Price oder Sir Peter Ustinov als Gäste ein. Bei anderen der frühen Gäste mußte ich auch als Kenner der Medienlandschaft der 70er ein wenig überlegen, bis mir zum Namen mehr eingefallen ist. Aber auch da sind interessante Leute dabei, wie z.B. Allroundtalent Candice Bergen, die Tochter von Edgar Bergen, die als Schauspielerin, Fotografin, Malerin, Autorin, Frauenrechtlerin, Model und wasweißich tätig war bzw. ist.


    Ein brillanter Aspekt der Serie sind aber natürlich die Charaktere wie Kermit, Miss Piggy, Fozzie Bear, Gonzo, Rowlf, Scooter, Sweetums, Dr. Teeth, Animal, Janice, Sergeant Floyd Pepper, Zoot (die letzten Fünf auch bekannt als Band "Electric Mayhem"), Sam the Eagle, Uncle Deadly, Gorgon Heap, Swedish Chef, Statler und Waldorf und manch andere. Einige der sympathischen Charaktere aus Staffel 1 wie etwa Hilda, die Garderobenlady mit rumänischem Akzent, oder George der muffige Hausmeister kommen in späteren Staffeln leider nicht mehr vor. Als mein Lieblingscharakter stellt sich aber wieder der grottensympathische Fozzie Bear heraus, vielleicht der einzige Bär, dem ich vertrauen würde ;-). Hier sehen wir ihn auch noch in seinem alten Modell mit beweglichen Mundwinkeln und wackelnden Ohren, gefällt mir irgendwie besser als der spätere Entwurf.


    Was deutlich auffällt, ist der stark klassische Aspekt von Variete und Vaudeville in der Show. Viele Szenen von Kermit und Fozzie wirken, als könnten sie auch von Groucho und Chico Marx vorgeführt werden - was nicht bedeutet, daß ihnen die Muppets keinen sehr eigenen Stempel aufdrücken. Eine frühe Folge zeigt Kermit sogar beim Singen einer alten Groucho-Nummer, "Lydia the Tattooed Lady" mit einem rothaarigen, leicht bekleideten Schwein. Was hinter der Bühne natürlich Dresche aus der üblichen Richtung für ihn bedeutete. Pig Power!!!


    Die Inspirationen für Songs und Gedichte gehen natürlich quer durch die größten Talente: Irving Berlin, Cole Porter, Rodgers und Hammerstein, Arthur Freed, A.A. Milne und so weiter. Dabei ist auch gar nicht jedes Stück nur auf reinen Humor aus, auch so manch leisere Nummer überrascht, wie z.B. der Frosch Robin und sein "Halfway Down the Stairs" von A.A. Milne, "Mister Cellophane" gesungen von Gaststar Ben Vereen oder ein Sketch mit Sandy Duncan und dem traurigen Sweetums. Wobei auch viele schrägere Gags wunderbar sind, siehe z.B. das surreale "Hugga Wugga" oder der "Willow Tit Willow"-Sketch mit Rowlf am Klavier und einem sehr angesäuerten Sam the Eagle.


    Auf jedem Fall ein sehr schönes Geschenk, daß mir nun einige Tage Freude bereitet hat und für das ich sogar den Scheibendreher aus dem Schrank geholt habe. Das Interessante an der Show ist eben auch, daß man mit schauspielerischem Können auch aus simplen Puppen und Handfiguren lebende und atmende Charaktere mit Facetten machen kann. Das wird heutzutage gerne vergessen, da man die Erschaffung empathischer Charaktere nun gerne dem CGI-Film mit dicker Renderfarm zuweist.


    Das Herz der Show und der Charaktere ging vermutlich verloren, als Jim Henson 1990 starb bzw. spätestens durch den Aufkauf der Rechte durch Disney. Wo die Figuren heute stehen, zeigt wohl ein kleiner Trailer am Anfang von DVD 1, der Werbung für irgendeine Popshow mit den Muppets und den "Stars" des Disney Channels macht. Meh. Ich warte auf jeden Fall gerne auf das Staffelset zu Staffel 2 und weiteren Staffeln. Irgendwann kommt ja auch noch der bekannte (und irgendwie doch sehr traurige) Auftritt von Peter Sellers als Gast. Aber das ist eine andere Geschichte.


    Und weil ich gerade in Schnickschnacklaune bin, hier ein paar Filmchen mit online und so, alles Material aus der oben genannten Staffel 1:


    http://www.youtube.com/watch?v=ueuA-9pqRok


    http://www.youtube.com/watch?v=JN5Mqr6tRlw


    http://www.youtube.com/watch?v=6Zdu2zeiJ1Y


    http://www.youtube.com/watch?v=qGFR3zz12p0


    http://www.youtube.com/watch?v=JEilPR1PXko


    Es sei aber natürlich die komplette Staffel in greifbarer Form empfohlen.


    Chris

  • Nachtrag zum Thema:


    Und noch ein Beitrag zum Thema "Früher war alles besser" ;-). Ich habe nun mittlerweile die 3. Staffel der Muppet Show auf Schnickschnackscheiberei da. Und obwohl allgemein gesagt wird, daß die Serie damals nach 5 Staffeln genau rechtzeitig von Jim Henson beendet wurde, habe ich persönlich doch ein wenig den Eindruck, als würde schon die 3. Staffel qualitativ nicht mehr so ganz an Staffel 1 und Teile von Staffel 2 rankommen.


    Schwierig zu sagen, woran der Eindruck liegt. Es fehlt ein wenig der kreative und anarchische Funke, den es gerade im ersten Jahr gab, alles wirkt etwas zu sehr nach Routine. Vielleicht liegt es daran, daß sich die glorreichen 70er dem Ende zuneigen, aber auch viele der Musiknummern sind nicht mehr ganz so funky wie am Anfang. Hatten z.B. in den frühen Folgen Electric Mayhem oft spontan wirkende jam sessions auf der Bühne, so treten sie jetzt fast nur noch als Begleitband für den jeweiligen Gaststar auf. Kaum noch Doctor Teeth und Floyd Pepper ist meist nur noch als Aushilfs-Fozzie hinter der Bühne und läßt eher laue Scherze ab. Meh. Auch Waldorf und Statler scheint ein wenig die scharfe Munition auszugehen, was kein gutes Zeichen ist.


    Die Gaststars wirken oft allzu ironiebefreit und spulen ihre Routine ab, inklusive dem obligatorischen "I had a great time here"-Spruch am Ende. Von einer Lebendigkeit und Freude an der Show wie z.B. bei Sandy Duncan und anderen aus Staffel 1 ist oft wenig zu merken. Konkrete Tiefpunkte dürften der trübe dreinblickende Sylvester Stallone und der selbstverliebte Grinsekuchen Liberace sein, letzterer in der vielleicht langweiligsten Folge der dritten Staffel. Nichtsdestotrotz gibt es auch ein paar richtig gute und sympathische Folgen und Nummern, z.B. jene mit Harry Belafonte und Danny Kaye. Man kann also auch noch auf Staffeln 4 und 5 hoffen.


    Hier noch ein paar Filmchen. Ich hoffe, es sind die englischen Tonspuren, der Rechner hat keinen Ton. Einer meiner Lieblingsauftritte aus Staffel 1 ist die Fozzie/Ustinov-Szene hier am Anfang des Films. Nicht so sehr wegen des seichten Gags, sondern weil die Puppenspielerei bei Fozzie so genial ist:


    http://www.youtube.com/watch?v=8R8i-mN8mVM


    Eine Szene mit Fozzie und Harry Belafonte aus Staffel 3. Auch hier ist The Fozz in Bestform, man beachte aber, daß es die neue Puppe ist. Die alte Version aus Staffel 1 (siehe Film oben) erschien mir irgendwie lebendiger.


    http://www.youtube.com/watch?v=6AjovHGK-TA


    Und hier die berühmte und ich glaube preisgekrönte "Turn the World Around"-Nummer aus der selben Folge. Der Sonderabspann fehlt auf der Schickschnackscheiberei übrigens (mal wieder), hier ist nur der deutsche Standardabspann zu sehen. Der eher laue Muppet-Sports-Slapstick davor zeigt aber IMO auch wieder die dezenten S3-Probleme.


    http://www.youtube.com/watch?v=sNbByNaMhok


    Das sollte aber jetzt mal alles zum Thema sein.


    Chris

  • ist es nicht teilweise so, dass wenn man sich zu sehr auf das alte konzentriert, dass man dann das gute im jetzt verpasst?


    ich glaube, dass solche veränderungen, die du beschreibst, jedes "produkt" einholen kann. habe es erst kürzlich bei einem t-shirt erlebt, als die 2011er version richtig mist ist, dagegen war die 2010er version ein richtiger hingucker.

  • Tja, die Rechte gehören halt jetzt Disney. Ein IMO ziemlich düsteres Schicksal, wenn man die anarchischen Wurzeln der Idee in Betracht zieht. Hier noch zwei Beispiele:


    Einmal eine Serienausschnitt von 1977 mit Konservativen-Veräppelung und McCarthy-Zitat ("I have here a list...")


    http://www.youtube.com/watch?v=iCVmKN5At_o


    Einmal aktuelles Beispiel von 2009 aus dem Hause Disney:


    http://www.youtube.com/watch?v=-Rcod2Tnyb8


    Chris

  • Am Wochenende habe ich mir den aktuellen "Muppets"-Film angesehen. Als Fan der klassischen Serie war mir das sogar wichtig genug, um mir dafür ein Schnickschnack-Notebook zum Scheibendrehen im Büro auszuleihen.


    Leider war das Ergebnis doch arg enttäuschend und hat mich in meinen Vorurteilen gegenüber der Disney-fizierung von Jim Hensons Lebenswerk eher bestätigt. Dabei war ich in letzter Zeit sogar häufiger über aktuellere Produkte mit dem Namen Disney darauf gestolpert, die qualitativ durchaus gelungen waren - seien es nun gewisse Pixar-Filme oder auch die Duck-Arbeiten von Don Rosa. Aber dat mit den Muppets, dat war wohl nix, sorry.


    Von der klassischen Schärfe und dem dezent anarchischen Geist der Serie (oder auch des ersten Films von 1979) war da kaum etwas zu finden. Der Plot mit dem Zusammensuchen der Truppe und dem Auftreiben von Geld zur Rettung des Muppet-Theaters ist doch sehr 08/15. Kreativ rangiert das etwa im Bereich einer Story über eine Schatzsuche, um das Waisenhaus zu retten, und um mehr Laufzeit zu füllen, ist die Schatzkarte in mehrere Teile zerlegt. Meh. Zu dem doch sehr generischen Plot kommt dann noch eine große Ladung Schmalz und zahlreiche Disney-Moralitäten und family values: "Glaub an dich selbst", "Glaub an die Familie", "Werde erwachsen", "Finde deinen Weg im Leben" etc etc.


    Das muß ja nicht aus Prinzip schlecht sein, aber als Gegengewicht dazu sollte dann um so mehr Kreativität, Witz, Esprit, satirische Schärfe, Tiefgang, gute Musik oder sonstwas her. Eine Eigenschaft der älteren Muppet-Filme und der Serie war es IMO, daß die subtile Absurdität oftmals dadurch entstand, daß die Gaststars und die menschlichen Charaktere einfach "normale Menschen" waren und die Muppets wie selbstverständlich so behandelt haben, als wären sprechende Stofftiere etwas völlig Normales. Der aktuelle Film ist aber nur bevölkert von arg überdrehten Stereotypen, Klischees, Pappfiguren, Bonbonfarben, Schmalz, braven Dialogen und jeder Menge Meta-Scherzen.


    Natürlich vermisst man auch die klassischen Puppenspieler und Sprecher. Jim Henson ist schon sehr lange nicht mehr dabei, aber dies ist wohl der erste Film ohne Frank Oz als Fozzie and Miss Piggy. Die Stimmen wirken teilweise doch etwas daneben und generell machen digital wegretuschierte Puppenspielerstäbe und animierte Ganzkörperansichten die Charaktere nicht lebendiger. Gerade Miss Piggy erscheint mir charakterlich auch sehr Disney-weichgespült. Und wenn man schon einen Tribut an die klassische Show machen will, warum sind dann keine Gaststars von damals dabei? Okay, viele davon sind mittlerweile verstorben, aber was ist z.B. mit Harry Belafonte, Elton John, Steve Martin und anderen?


    Der Ansatz, die Diskrepanz zwischen moderner (Medien-)Welt und der klassischen Muppetshow-Welt der 70er Jahre aufzuzeigen, ist zwar nett gedacht, aber das Potential wird IMO kaum genutzt. Wobei auch die originale Show schon ein gewisser Anachronismus war, lagen ihre Wurzeln doch im Vaudeville-Bereich und viele Songs und Nummern hatten ihre Inspiration eher in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Dies machte ja gerade die Besonderheit und den Esprit aus. Dialoge zwischen Kermit und Fozzie hatten in ihrer besten Momenten etwas von Groucho vs. Chico Marx. Auch davon ist im aktuellen Film kaum etwas zu bemerken. Die Satire über die Medienwelt bleibt brav und harmlos, wobei einer der besten Gags vielleicht noch der dicke Junge ist, der Kermit fragt, ob er einer von den "Hero Turtles" wäre.


    Der Film hat sicher seine netten Momente, aber er bleibt für mich eine generische Puppenspielerei. Und wenn dann am Schluss alles gut ist, und im Feuerwerk der Micky-Maus-Kopf aufleuchtet, dann stellt man das auch nur achselzuckend fest. Es gibt eine klassische Folge von 1977, in der die Muppets hinter der Bühne ständig von einem Elch namens Micky Moose belästigt werden (auch sein Freund Ronald Duck taucht auf). Ein genervter Kermit sagt dann am Ende der Folge "See you next time on the Micky....errrr....the Muppet show..." Und was damals als Gag gedacht war, ist nun doch zu einer düsteren Voraussage geworden. Schade. Ich empfehle die Serie oder den ersten Film von 1979.


    Chris