Simpsons sind halt Kult?

  • Ein "Argument" in Diskussionen, daß mir persönlich immer sehr negativ auffällt, ist die als Lob für die Serie gemeinte und IMO recht künstlich wirkende Werbeaussage "Die Simpsons sind halt Kult".


    Oft scheinen die Schreiber dieser Aussage dann auch der Meinung zu sein, daß damit alles gesagt ist und keine weitere Begründung notwendig wäre. Auch als Antwort auf (ausführliche) Kritik wird es bisweilen gebraucht und meint dann scheinbar, daß entweder keine Kritik sein darf oder der Qualitätsverlust zu ignorieren sei, weil er durch den Kultfaktor entschuldigt wird. Warum?


    Was will uns der Satz "Simpsons sind halt Kult" überhaupt sagen? Bedeutet er, daß man die Serie weniger um ihrer selbst Willen oder für eine individuelle Aussage, Folge und Staffel schätzen soll (bzw. für das, was diese kreativ und substantiell leisten), sondern mehr dafür, daß sie von einer größeren Masse gesehen und als "Kult" betrachtet wird?


    Das Entstehen eines künstlich forcierten (Marketing-)"Kultbegriffes" im Zusammenhang mit den Simpsons ließ sich im kleinen Rahmen vielleicht gut am "Spider-Pig" aus dem Film nachvollziehen. Von Anfang an ein eher mittelmäßiger Gag, nach dem in klassischen Serienjahren kein Hahn gekräht hätte, wurde es erst durch den Trailer gehypt, dann durch einen schnell in die Wege geleiteten Merchandiseapparat. Kurzlebiges Argument: "Spider-Pig ist halt Kult".


    Oder sehe ich den ganzen Begriff vielleicht zu negativ. Was denken andere über den Kultbegriff im Zusammenhang mit den Simpsons?


    Chris

  • der statusbeschreibende kult-begriff beinhaltet ja meist auch eine qualitative wertung. so ist die aussage "(fügen sie das gewünschte kulturelle phänomen ein) ist/sind halt kult" meist auch so zu sehen, dass kritik nicht angemessen ist hinsichtlich des erreichten status.


    ist ein phänomen erstmal "kult" werden wohl andere maßstäbe geltend. diese beziehen sich sowohl auf die qualitative bewertung, die immer im kontext des bereits erreichten gesehen werden muss, als auch den möglichkeiten der vermarktung. ist ein kulturelles phänomen erstmal "kult", lassen sich unendlich viele kultobjekte erschaffen mit denen die anhängerschafft sich als gemeinde identifizieren kann.


    um auf die eingangs gestellte frage zurückzukommen: gibt es von einem kulturellen phänomen erstmal duschvorhänge und diese verkaufen sich auch noch, so überlagert der vergangene publikumserfolg die aktuellen misserfolge. es scheint sich keiner mehr ein leben ohne die simpsons vorstellen zu können und offensichtliche qualitative veränderungen werden kritiklos hingenommen.

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  • bei den Simpsons halte ich entgegen deiner These den "normalen" Kultvorgang für gegeben: Die Serie wurde - auch wenn ich diese Einordnung generell eher nicht mag - Kult durch die Fans, die die Serie nach "außen" trugen. Von daher kann man ohne Weiteres von einer "Gemeinde" sprechen. Erst wenige, dann immer mehr. Irgendwann merkte man, dass sich damit Geld verdienen lässt und es führte zwangsläufig zu den Duschvorhängen.
    Das ist aus meiner Sicht aber losgekoppelt vom eigentlich Kult bzw. eher ein Neben- oder gemachter Kult, der sich den eigentlichen Kult zunutze macht, um davon zu profitieren. Diese ökonomische Ausnutzung kann man gut oder schlecht finden, zu verhindern ist sie kaum.
    Wenn man die Simpsons als Kult bezeichnet, muss dies nicht zwangsläufig mit Kritikverneinung verbunden sein- Ähnlich einem Fußballverein, den man als Kult bezeichnet, wo es aber dennoch jede Woche mehr als leise Kritik unter den Anhängern geben kann.


    Also: Für mich sind die Simpsons Kult, weil sie bis heute keine normale, gern gesehene Serie sind, sondern sich ein "Universum" um sie herum geschaffen hat. Im Übrigen, chris, sind auch deine Einlassungen in diesem Forum zur Serie und ihrer Qualität ein Beitrag zum Kult um die Simpsons. Denn bestimmte Staffeln behandelts du in der Art eines "Grals", den es zu hüten gibt. Und das kann man dann schon auch als Kult bezeichnen ;)

    I thought I was too old. I thought my time had passed. I thought I'd never hear the screams of pain, or see the look of terror in a man's eyes. Thank heaven for children!(Grampa,04.02.90)